BANKINGNEWS: Banken haben nur neun Monate Zeit für die Umsetzung der neuen Pflichten der Instant Payments Verordnung. Wo liegen hier die größten Herausforderungen für Compliance-Beauftragte?
Hubert Krattinger: Es gibt einige große Herausforderungen. Einerseits kommt es vermeintlich zu Erleichterungen, weil EU-Sanktionslisten nicht gegen Instant Payment Transaktionen gescreent werden müssen, sondern ein tägliches Screening des jeweiligen Kundenbestandes ausreichend sein soll. Andererseits ist dieses tägliche Screening bei der (Neu-)Publikation von Sanktionslisten unmittelbar zu wiederholen – auch an Wochenenden und in der Nacht. Mögliche Treffer sind unmittelbar zu bearbeiten. Die Erleichterung ist deshalb eine vermeintliche.
Sodann sind die Vorschriften der Geldwäscherichtlinien und der Anti-Terrorismusfinanzierungsrichtlinien sowie die nationalen Gesetze und Richtlinien weiterhin einzuhalten, auch im Rahmen von Instant Payment Transaktionen. Instant-Payment-Transaktionen können schliesslich auch Gegenparteien umfassen, die aus Nicht-EU-Ländern stammen, bei denen ein tägliches Bestandesscreening nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann.
Insgesamt ergeben sich aus dem Bestandsscreening neue Herausforderungen – unmittelbares Screening neuer Listen, beziehungsweise neuer Namen auf EU-Listen und zwar 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Die Transaktionsüberprüfung auf andere inhaltliche Themen entfällt nicht, und damit ist die geplante Erleichterung wohl weniger groß als gedacht. Schließlich sind die Anforderungen an die Durchführung der Instant-Payment-Transaktionen innerhalb von 10 Sekunden mit vorgängiger IBAN Verifizierung nicht kleiner geworden. Dies erfordert, dass die Aktualisierung der Sanktionslisten und Regeln der Betrugserkennung automatisiert erfolgen müssen, die Betriebsorganisation der Complianceabteilungen neu ausgerichtet werden müssen und die Nachbearbeitung von Treffern im Instant Payment-Fluss zeitnah erfolgen müssen, um das Risiko juristischer Schritte gegen eine Bank, die eine Instant Payment Transaktion anhält oder ablehnt, zu mindern.
Und das alles muss bis zum 9. Januar 2025 umgesetzt, beziehungsweise vorher getestet sein.
Welche Rolle spielt das Transaction Monitoring im Zusammenhang mit der Instant Payments Verordnung?
Transaction Screening, neu auch Instant Payment und Transaction Monitoring sind zentrale Komponenten bei der Abwicklung von Bankgeschäften. Transaction Screening (oder mit anderen Worten eine Ex-ante Prüfung), also die Überwachung von Transaktionen, die nicht als Instant Payment-Transaktionen abgewickelt werden, und Transaction Monitoring (wieder mit anderen Worten eine Ex-post Prüfung) beeinflussen direkt und indirekt auch das Instant Payment. Das Transaktion Screening deckt unter anderem auch die Sanktionslisten-Prüfung ab und muss verhindern, dass Überweisungen in sanktionierte Länder beziehungsweise an sanktionierte Personen/Entitäten ausgeführt werden, die nicht Instant Payment Transaktionen sind. Gegenparteien, die im Transaction Screening zu „true hits“ führen, sollten auch im Instant Payment nicht abgewickelt werden. Im Transaction Monitoring geht es darum, das Transaktionsverhalten von Kunden zu überwachen, Auffälligkeiten oder Unregelmässigkeiten zu identifizieren, abzuklären und zu dokumentieren. Dabei sind die Angaben des Kunden gegenüber der Bank zu berücksichtigen, welche Arten von Geschäften er über die Bank tätigen will, beziehungsweise welche Erklärungen der Kunde zu seinen Transaktionen abgibt und welche Dokumentationen er zur Verfügung stellt. Je nachdem ergeben sich Verpflichtungen der Bank Meldungen an die jeweilige FIU zu erstatten und weitere Transaktionen zu verhindern. Die Ex-ante und Ex-post Prüfungen nähern sich zudem an, weil Regelwerke der Ex-post Prüfungen vermehrt auch bei Ex-ante Prüfungen zur Anwendung gelangen werden. Die Kenntnisse über den Kunden beeinflussen insgesamt auch das Regelwerk für Instant Payment Transaktionen.
„Die Implementierung dieser Technologie ermöglicht es, die Kundenzufriedenheit durch schnellere und einfachere Transaktionen erheblich zu steigern“
Wie können Dienstleister wie Pythagoras Banken dabei helfen, mit den Herausforderungen der Instant Payment Verordnung umzugehen?
Unser Instant Payment Screening Service (IPSS) stellt sicher, dass die Instant-Payment-Transaktionen den notwendigen Prüfungen unterworfen werden. Dadurch, dass das Instant Payment Screening in die Gesamtlogik der Pythagorasapplikation eingebunden ist, können die vorhandenen Informationen auch im Instant Payment Screening zum Einsatz gelangen. Im weiteren stellt unser System sicher, dass die Sanktionslistenprüfungen der Bestandskunden fristgerecht durchgeführt und bearbeitet werden können. Diese Prüfungen beziehungsweise deren Ergebnisse können sowohl im Transaction Screening (Ex-ante), falls gewünscht auch im Transaction Monitoring (Ex-post) als auch im Instant Payment eingesetzt werden. Zusätzlich ist der IPSS in einer Technologie entwickelt, die 24/7 und 365 Tage im Jahr verfügbar ist, und die kurzen Abwicklungszeiten für alle Volumengrössen (Skalierbarkeit) gewährt. Selbstverständlich unterstützten wir unsere Kunden in der Realisierung der Projekte, Dokumentation der Geschäftsprozesse, Ausbildung von Mitarbeitenden und Unterstützung im laufenden Betrieb.
Welche Chancen sehen Sie für Finanzunternehmen in der neuen EU-Verordnung, und wie sollten sie diese Chancen nutzen?
Die EU-Verordnung zu Instant Payments schafft bedeutende Möglichkeiten für Finanzunternehmen, insbesondere bei der Erweiterung ihres Produktportfolios. Durch die Einführung von Instant Payment Services können sie sowohl bestehende als auch neue Kunden ansprechen und ihr Marktangebot attraktiver gestalten. Die Implementierung dieser Technologie ermöglicht es, die Kundenzufriedenheit durch schnellere und einfachere Transaktionen erheblich zu steigern. Dies kann die Kundenbindung stärken und hilft auch traditionellen Banken ein erhöhtes Tempo zu erreichen – was sonst eher Fintechs und Neobanken anschlagen. Compliance bietet ausserdem einen Wettbewerbsvorteil, da eine umfassende Regelkonformität nicht nur Sicherheit gewährleistet, sondern auch die Zuverlässigkeit und Sicherheit des Unternehmens unterstreicht.
Hubert Krattinger
Hubert Krattinger, Chief Customer Officer | Group General Counsel arbeitet seit April 2016 bei Pythagoras. Er ist Volljurist mit einem großen technischen Flair. In seiner beruflichen Karriere hat er 25 Jahre bei einer Schweizer Grossbank gearbeitet, juristische, Compliance und Risk Management Themen geführt und inhaltlich begleitet. Er baut Brücken, überschreitet Hindernisse, meistert Projekte. Dank seinem umfassenden, tiefgehenden Wissen und seiner Erfahrung ist er ein Kompass für die Navigation durch komplexe Zusammenhänge. Die Vision „Smart Compliance – Pythagoras 360° Solutions for KYC, AML & ESG“ treibt ihn täglich an.