,

„Treiber der Veränderung im Payment sind unter anderem Digitalisierung und Mobile first“

Markus Dauber, Co-Vorstandsvorsitzender „Volksbank eG – Die Gestalterbank“, über neue Payment-Lösungen, Big Techs als Konkurrenten und warum der Zahlungsverkehr immer tiefer in die Wertschöpfungsketten der jeweiligen Branchen integriert wird.


Markus Dauber über neue Payment Lösungen und die Zukunft in dem Bereich, Entwicklung Richtung Mobile First

BANKINGNEWS: Die First Cash Solution ist 100-prozentige Tochter der „Volksbank eG – Die Gestalterbank“. Im März 2020 hat die Volksbank Anteile an der Gewinnblick GmbH erworben. Was bedeutet das für den Zahlungsverkehr der Bank und ihrer Tochterunternehmen?
Markus Dauber: Die Beteiligung an der Gewinnblick-Unternehmensgruppe ist ein logischer Schritt innerhalb unserer B2B-Payment-Wachstumsstrategie. Digitale Kassen-, Bezahl- und Loyality-Systeme werden nach unserer Überzeugung weiter miteinander verschmelzen. Wir fokussieren uns seit Jahren auf einen engen Markt – erweitern aber stetig die Tiefe unseres Leistungsangebots. Dies schafft leistungsorientierte Differenzierungsmerkmale, Zugang und Integration von Technologie sowie erhebliches Wachstumspotenzial, weil wir innerhalb unserer Gruppe die Leistungen im Gesamtkundenbestand platzieren. Die Volksbank – First Cash Solution zählt immerhin zu den größten Zahlungsverkehrsbanken in Deutschland, die Gewinnblick-Gruppe ist die größte Kassenvertriebsgesellschaft in der DACH-Region. Eine starke Partnerschaft zwischen Zukunftsgestalter und Digitalisierungsgestalter.

Was ist dabei das endgültige Ziel der Strategie?
Wir erfüllen schlicht eine der Kernfunktionen einer Bank: Transaktionsgeschäft in Form eines modernen Zahlungsverkehrs im B2B-Geschäft – nicht mehr und nicht weniger. Dass die meisten Banken in den letzten 20 Jahren dieses Know-how aufgegeben und an internationale Konzerne abgegeben haben, ist bedauerlich, für uns aber auch eine große Chance für weiteres Wachstum im Mittelstand, der sich zunehmend bei den internationalen Großkonzernen verloren fühlt und dort nur noch eine kleine Nummer ist. Nur wer selbst mittelständisch ist, kann den Mittelstand wirklich verstehen. Wir lassen uns da nicht beirren und verfolgen konsequent unseren Weg weiter, für unsere Zielgruppen als Fullservice-Dienstleister für den Zahlungsverkehr Kassen- und Bezahlvorgänge, für mittelständische Händlerkunden im stationären und digitalen Vertrieb zu optimieren. Und zwar mit den Angeboten, der Technologie und der Leistungstiefe, wie unsere Kunden und Vertriebspartner dies von uns erwarten dürfen. Wir sind wirtschaftlich erfolgreich, handeln ohne Skandale und ganz offensichtlich mit einer völlig anderen Unternehmens- und Risikokultur als Wettbewerber, die aktuell vor einem Scherbenhaufen stehen. Wir fokussieren uns auf ausgewählte Zielgruppensegmente und sind verlässlicher Partner im indirekten Vertrieb, verfolgen also eine B2B2B-Vertriebsstrategie. Unser Schwerpunkt ist die DACH-Region, aber eine weitere Expansion ins Ausland können wir uns gut vorstellen. Gerade im E-Commerce verschwimmen die Grenzen immer schneller und die Internationalität wächst. Einer unserer Kernansprüche ist eine bestmögliche Kundenbetreuung, über Landesgrenzen hinweg.

Welche Zahlungsverkehrslösungen bietet die First Cash Solution genau an?
Die First Cash Solution bietet innovative Payment-Lösungen für den stationären und den digitalen Handel im weitesten Sinne an. Das Full-Service-Portfolio versorgt unsere Händler mit passgenauen Services – von der Kartenakzeptanz, über Kassenlösungen, Terminals, Online-Bezahlsysteme, Gutschein- und Loyality-Lösungen, attraktiven Zusatz- und Mehrwertleistungen, Bargeldtresore und -versorgung bis hin zu cleveren Verbuchungslösungen, die bares Geld sparen. Aus der Kombination von Zahlungsverkehrslösungen der First Cash Solution mit den Experten des Firmenkundenteams ergeben sich Lösungsangebote, die nur in einem solchen Wertschöpfungsteam realisiert werden können. Wir kombinieren Transaktions- mit Transformationsgeschäft auf höchstem Niveau.

Die Diskussion um die Zahlungsmethoden der Zukunft hat ja durch die Corona-Krise noch einmal Fahrt aufgenommen. Ist die Kartenzahlung der Gewinner der Krise?
Wir hätten uns zwar einen anderen Grund als eine Pandemie gewünscht, aber ja, das veränderte Käuferverhalten hat den bargeldlosen Zahlungsverkehr per Saldo gefördert. Temporär muss man die Entwicklung aber differenziert betrachten: Im stationären Vertrieb wurden durch die Schließung der Geschäfte, Gastronomie, Hotellerie und Veranstaltungsbranche viel weniger Zahlungen getätigt. Im E-Commerce hingegen ging die Zahl der Transaktionen deutlich nach oben. Ganze Branchen, die bislang eher Bargeld präferiert haben, wurden auch aufgrund der Hygienemaßnahmen zur Karten-Akzeptanzstelle. Denken Sie etwa an Bäckereien, vor einem Jahr noch sehr ungewöhnlich, ist die Kartenakzeptanz heute auch für Kleinbeträge nicht mehr wegzudenken. Wir selbst sahen uns mit zahlreichen neuen Herausforderungen konfrontiert, plötzlich setzte sich jeder Einzelhändler mit alternativen Geschäftsmodellen, wie Lieferdiensten oder dem Thema E-Commerce, auseinander. Durch unsere schnelle und flexible Unterstützung mit mobilen Terminals und unserer E-Commerce-Lösung konnten wir vielen Händlern in dieser herausfordernden Zeit zur Seite stehen. Die deutsche Kreditwirtschaft tut viel, um die Akzeptanz bei den Privatkunden für das kartengestützte Bezahlen weiter zu erhöhen. Die Anhebung des Kontaktlos-Limits von 25 auf 50 Euro schafft immer mehr Alltagsrelevanz für die Kunden, hilft damit unseren Händlern und letztlich auch uns als Händlerkundenbank. Ich bin sicher, dass der Aufschwung des mobilen Bezahlens über die Krise hinaus und mit dann wieder vollständigem Angebot zum Beispiel in der Reise-, Hotel- und Eventbranche sich wieder deutlich beschleunigen wird.

Welche neuen Lösungen sind in Ihrem Haus bereits entwickelt worden und welche müssen noch entwickelt werden?
Die Corona-Krise ist, genau wie in anderen Branchen, meines Erachtens nur ein Beschleuniger absehbarer Entwicklungen. Treiber der Veränderung im Payment sind unter anderem die Digitalisierung und Mobile first. Payment wird zunehmend tiefenintegriert, ähnlich wie wir es aus dem E-Commerce-Handel schon kennen. Auswahl, Bestellung, Kasse, Payment, Loyality – wer diese Kundenreise nicht abbilden kann, ist perspektivisch raus aus der Wertschöpfung, egal ob im stationären Handel oder im E-Commerce. Aus Produktanbietern müssen Lösungsanbieter werden. Commodity-Anbieter werden über Preiskriege früher oder später ausgelistet.

Bringt im Bereich Zahlungsverkehr die Kooperation von Banken untereinander oder mit Fintechs einen Vorteil oder können neue Lösungen nur im eigenen Haus entwickelt werden?
Transaktionsgeschäft ist überwiegend eine digitale Leistung und damit hochgradig skalierbar. Kooperationen sind grundsätzlich eine schlaue Strategie, die Verschwendung vermeidet und Gewinner nach sich zieht. „Cooperative Banks“ ist die englische Übersetzung des Begriffs Volksbank. Wir sind also schon mit unserem genetischen Code exakt auf diese Strategie „programmiert“. Wir verstehen uns als großes Netzwerk mit einem genossenschaftlichen Wertesystem mit Subsidiarität, Solidarität und Partnerschaftlichkeit sowie Transparenz. Zu unserem Netzwerk zählen langjährige Partner aus den Sektoren Handel, Gastronomie, Hotel, Travel, Payment-Industrie, viele mittelständische Vermittlerorganisationen sowie Banken und Fintechs. Im Rahmen unserer Investmentstrategie sind wir als Volksbank direkt oder indirekt beteiligt oder als M&A-Finanzierer in die Transaktionen eingebunden. Dadurch sind wir über mehrere Ansatzpunkte sehr gut in der Szene vernetzt. Es ist hier Vieles interessant, aber nicht alles relevant. Wir haben unser Ohr auf der Schiene, hier und dort sitzen wir aber auch auf der Lokomotive, die vermeintlich noch ganz weit weg ist.

Braucht es eine gesamteuropäische Lösung, damit hiesige Banken gegen amerikanische Plattform-Giganten und Neobanken bestehen können?
Ja, aber. Zuerst zum Ja: Weil es sich beim Thema Zahlungsverkehr tatsächlich um eine hoheitliche Schlüsselfunktion zur Kontrolle und Sicherstellung der Finanzmarktstabilität handelt und die Aufsicht über den Zahlungsverkehr in Europa niemals an amerikanische oder asiatische Shareholder-Value-getriebene Konzerne abgegeben werden darf und damit Europa zu einer Zahlungsverkehrskolonie anderer, vielleicht sogar konkurrierender Wirtschaftssysteme wird. Und jetzt zum „aber“: Der Wettbewerb wird in allen Branchen künftig nicht mehr durch die besseren Produktstrategien entschieden, sondern durch das richtige Geschäftsmodell. Eine europäische Initiative ist wünschenswert. Sich allein auf eine Payment-Lösung zu konzentrieren, ist zwar schon bei den vielen Subinteressen der Produktanbieter schwierig genug, aber eben auch viel zu kurz gesprungen. Eine „Payment-/Produktstrategie“ hat gegen eine „Ökosystem-/Lösungsstrategie“ keine Chance. Und wenn dann noch die Wettbewerber globale Big Techs mit faktisch unbegrenzten Budgets sind, schonmal gar nicht.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Trends und Innovationen im Zahlungsverkehr und wo stehen wir da in der Entwicklung?
Zahlungsverkehr wird immer tiefer in die Wertschöpfungsketten der jeweiligen Branchen integriert. Wir realisieren derzeit in mehreren Projekten sogenanntes In-App-Payment. Dies kann auch im stationären Handel zu einer deutlichen Veränderung der Prozesse und insbesondere der Check-out-Prozesse führen. Ein Beispiel ist hier unser Projekt, das wir mit dem Partner Bluecode im Ökosystem der SAP-Arena realisiert haben und das bundesweit für viel Aufmerksamkeit gesorgt hat. Mit der European Mobile Payment Systems Association, kurz EMPSA, konnten schon erste europäische Erfolge verzeichnet werden, die viel Hoffnung machen. Bluecode stellt damit ein Open-loop-System da und bietet mit zahlreichen Erweiterungen, wie Loyality, Stempelpässe, digital und stationär, exzellente Voraussetzungen. Gleichzeitig beobachten wir, dass große Retailer sich im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie selbst auf den Weg machen und eigene App-Lösungen an den Markt bringen. In diesen geschlossenen Systemen geht es in erster Linie um die Optimierung der Bestell-, Abhol- und Check-out-Prozesse. Ich bin sicher, dass sich perspektivisch beide Strategien aufeinander zubewegen werden und das Schöne ist: Wir sind auf beiden Wegen dabei.

Interview: Laura Kracht

Tipp: Sie möchten mehr dazu lesen? Dann schauen Sie auch mal hier in Vorstände im Gespräch mit Markus Dauber rein.