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Vorhang auf für den PayPal-Dollar – Europa bleibt (erstmal) außen vor

Der PayPal USD ist gestartet. Das Digitalgeld des kalifornischen Bezahldienstes ist das erste eines großen Finanzdienstleisters überhaupt und soll eine Brücke zwischen digitaler und realer Finanzwelt bauen. Allerdings zunächst nur in den USA.


Frau hält Smartphone in der Hand und betracht Umsätze bei Paypal
Sean Anthony Eddy; PeopleImages.com – #1887821

Anfang August war es so weit: PayPal verkündete die Einführung des so genannten PayPal USD (PYUSD). Damit sollen Nutzer die neue digitale Währungseinheit zwischen ihren PayPal-Konten und kompatiblen externen Wallets transferieren, Einkäufe bezahlen oder gegen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum tauschen können. Mitte September erfolgte dann der Start. Der PYUSD ist seitdem für ausgewählte Nutzer auf der Plattform Venmo verfügbar und soll in den nächsten Wochen sukzessive erhältlich sein. Venmo-Nutzer können nun PYUSD kaufen und über PayPal, Venmo und kompatible externe Wallets senden. Weiteres Feature: PayPal- und Venmo-Nutzern können schnell und kostenlos zwei Wallets verbinden und Überweisungen tätigen..

Einführung war lange erwartet

Experten rechneten schon länger mit diesem Schritt, dennoch kommt er zum jetzigen Zeitpunkt unerwartet. Das Unternehmen erklärt, damit die Rolle einer Schnittstelle für Händler, Kunden und Entwickler einnehmen und einen nahtlosen Übergang zwischen Digital- und Fiat-Währungen gewährleisten zu wollen. Man wolle das allgemeine Vertrauen der Verbraucher in Digitalgeld stärken und damit den Anteil digitaler Zahlungen steigern, so ein Unternehmenssprecher. Dass es an ersterem hapert, unterstrich zuletzt Gary Gensler, Vorsitzender der Securities and Exchange Commission. Der oberste Börsenaufseher der USA bezeichnete die Krypto-Branche sinngemäß als Sammelbecken für Betrüger. Zur Vertrauensbildung dürfte PayPal dadurch beitragen, dass sofortige und kostengünstige Überweisungen ohne fragwürdige Vermittler erfolgen können – und natürlich auch der große Name des weltbekannten Zahlungsdienstleisters, der eine Marktmacht von über 400 Millionen Nutzern hinter sich weiß.

Technisch beruht der neue Stablecoin auf der Ethereum- Blockchain. Diese Wahl begründet PayPal mit der einfachen Integration in dieses bewährte Ökosystem. „Der Wandel hin zu digitalen Währungen erfordert ein stabiles Instrument, das sowohl digital nativ ist als auch leicht mit Fiat-Währungen wie dem US-Dollar verbunden werden kann“, kommentiert CEO Dan Schulman PayPals Überraschungs-Coup. In der Tat ist das neue digitale Geld zu 100 Prozent durch „echte Werte“ gedeckt. Das geschieht mittels Einlagen in US-Dollar, kurzfristigen US-Treasuries und ähnlichen Bargeldäquivalenten. Eine PYUSD-Einheit entspricht dem Wert eines US-Dollars. Hinter dem PayPal US-Dollar steht der renommierte New Yorker Krypto-Vermögensverwalter Paxos, der die Barreserven im Hintergrund kontrollieren lässt und regelmäßig Rechenschaft bei der zuständigen Aufsichtsbehörde abgibt.

Wann können Europäer digital zahlen?

Ob und wann der PayPal-Stablecoin in Europa eingeführt wird, ist noch offen. Und wann europäische Zahlungsdienstleister den Vorhang für eine eigene Digitalwährung öffnen, steht erst recht noch in den Sternen. Um bei diesem Thema nicht völlig in Abhängigkeit von privaten außereuropäischen Anbietern zu geraten, treibt die Europäische Zentralbank (EZB) seit gut zwei Jahren die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung voran. Ziel ist, einen elektronischen Euro als offizielle Alternative zu privaten Währungen und zum Bargeld auszugeben und damit einen Stabilitätsanker für das Zahlungs- und Währungssystem zu schaffen.

Dieser soll die geldpolitische Souveränität des Euroraums in einer digitalen Welt gegenüber Marktteilnehmern wie Mastercard, VISA – oder eben PayPal – stärken. Mit Spannung warten Beobachter daher auf eine Grundsatzentscheidung der EZB im Oktober und die Reaktionen der Politik. Die Zustimmung zum digitalen Euro gilt dabei als Formsache. Dabei steht die EZB nicht alleine: 90 Prozent der Notenbanken weltweit arbeiten aktuell an der Einführung von digitalem Zentralbankgeld. Wie lange es noch dauert, bis die ersten digitalen Euros als offizielles Zahlungsmittel den Besitzer wechseln, und wie die Implementierung überhaupt aussehen soll, ist hingegen völlig offen.

Digitaler Euro und Datenschutz

Experten erwarten, dass bis dahin noch drei bis fünf Jahre ins Land ziehen. Alleine das Anforderungsprofil ist ambitioniert: Der virtuelle Euro soll leicht zugänglich, robust, sicher, effizient und rechtskonform sein – und natürlich mit den strengen EU-Datenschutzgesetzen im Einklang stehen. Ein maßgebliches Unterscheidungsmerkmal dürfte jedoch schon feststehen: Im Gegensatz zu privaten elektronischen Währungen wie dem PYUSD wird der elektronische Euro nicht auf einer dezentralen Technologie wie Blockchain basieren.

Er soll über eine große zentrale Datenbank laufen. Anonyme Zahlungen sind dann nicht möglich. Und die Höhe der gehandelten Beträge soll nach aktueller Planung auf einen relativ niedrigen Wert von 3.000 Euro begrenzt bleiben, um Banken und Sparkassen nicht vor Liquiditätsprobleme zu stellen. Welche Vorteile diese neue Bezahlform dem Verbraucher gegenüber flexibleren privaten Zahlungsmitteln letztlich noch bietet, hängt davon ab, wie die Entscheider ihre Gestaltungsspielräume nutzen und was davon als europäischer Konsens am Ende übrigbleibt. Ein langer Marsch durch die Institutionen steht also der Einführung noch bevor – ein Weg, den PayPal gar nicht erst antreten musste.