Einer unserer Gastautoren fragte kürzlich in einem Artikel: „Wer will heute noch zu den Banken?“ Welchen Stellenwert rechnen Sie den Weiterbildungsmöglichkeiten für die Attraktivität einer Bank als Arbeitgeber an?
Bundesbank: In der heutigen schnelllebigen Zeit ist es unabdingbar, das (Fach-) Wissen aktuell zu halten. Qualifizierte Interessenten werden demnach einen potenziellen Arbeitgeber immer auch danach bewerten, ob dieser dabei behilflich ist, die eigenen Kompetenzen und damit auch den eigenen Marktwert zu erhalten bzw. weiterzuentwickeln. Der Stellenwert der Weiterbildungsmöglichkeiten ist deshalb für die Arbeitgeberattraktivität hoch.
comdirect: Es stimmt: Die Wahrnehmung von Banken generell und damit auch deren Attraktivität als Arbeitgeber haben gelitten in den letzten Jahren. Weiterbildungsmöglichkeiten sind ein geeigneter Baustein, um dem entgegenzuwirken. Deren Stellenwert ist bei Unternehmen, die sich kulturell als lernende Organisation verstehen, besonders hoch. Das Lernen wird bei ihnen zum kontinuierlichen Begleiter und ist in die tägliche Arbeit integriert. Das klassische „Classroom-Lernen“ hat massiv an Zugkraft verloren, wohingegen innovative, mitarbeiterzentrierte Lernformate mit starkem Bezug zur Praxis sehr beliebt sind. Die Arbeitnehmer fordern heute Lernangebote auf Augenhöhe, die sie bei Bedarf von überall und jederzeit abrufen können. Attraktiv ist, was auf die eigene Employability einzahlt. Das Fazit lautet: Ohne ein sehr gutes Weiterbildungsangebot gelingt es weder, attraktive Arbeitnehmer auf sich aufmerksam zu machen noch Potenzialträger innerhalb des Unternehmens längerfristig an sich zu binden.
Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Themen Gleichstellung und Diversity Management?
Bundesbank: Beides sind wichtige Themen, auch um möglichst große Bewerberpotenziale zu erschließen.
comdirect: Als Arbeitgeber legen wir viel Wert auf eine Kultur, die Diversity im Team fordert und fördert. In einer Zeit, in der Fintechs & Co in den Markt drängen, wird die Innovationsfähigkeit zum Wettbewerbsvorteil ersten Ranges. Und die entwickelt sich bekanntlich am besten in diversen Teams, vorausgesetzt die Andersartigkeit wird als fruchtbare Ergänzung erlebt und nicht als Andersartigkeit empfunden, die es zu bekämpfen gilt. Darauf zahlt neben anderen Kriterien, wie interdisziplinäre und generationenübergreifende Teamzusammensetzung, natürlich auch ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern ein. Die Entwicklung eines solchen Mindsets kann durch flankierende Personalentwicklungsmaßnahmen begünstigt werden. Grundsätzlich gilt, dass Mitarbeiter je nach Lebensphase, Funktion und persönlichem Hintergrund sehr unterschiedliche Anforderungen und Erwartungen an Weiterbildung haben. Deshalb bieten wir unseren Mitarbeitern ein sehr breites Spektrum an Maßnahmen, aus dem sich jeder die für ihn passende wählt: Arbeite ich beispielsweise gerade Teilzeit und bin vom Typ Autodidakt, setze ich vielleicht eher auf ein Selbstlernangebot. Arbeite ich Vollzeit und lerne am liebsten mit anderen, präferiere ich ein ganztägiges erfahrungsorientiertes Training im Kreise von Kollegen.
Die digitale Transformation betrifft auch die Bankbranche. Kann es sich der Bankberater in Zukunft noch leisten zu sagen: „Ich bin der Finanzexperte und um den digitalen Kram kümmern sich die Kollegen aus der IT“? Oder kommt er gar nicht um eine Weiterbildung zu diesen Themen herum?
Bundesbank: Natürlich kommen Markt-, Zahlungsverkehrs- und Aufsichtsexpertinnen und -experten heute – wie aber auch schon seit vielen Jahren – nicht mehr ohne einschlägige Anwenderkenntnisse in vielen Spezialprogrammen zurecht. Marktinformationsdienste oder Handels- und Abwicklungssysteme müssen sicher beherrscht werden. Die Bundesbank hat diese Anforderungen früh erkannt und qualifiziert ihr Personal in allen Funktionsebenen für die Arbeit mit der jeweiligen speziellen Software, aktuell z.B. auch für IT-Anwendungen, die für Aufgaben in der neuen Einheitlichen Europäischen Bankenaufsicht eingesetzt werden.
comdirect: Nein, das kann der Banker sich schon heute nicht mehr leisten. Jeder Mitarbeiter bei uns sollte eine Affinität und ein gewisses Verständnis für digitale Prozesse haben sowie die Trends kennen. Für einige Fachbereiche gilt dieses mehr und für andere etwas weniger. Unser internes Weiterbildungsangebot berücksichtigt das natürlich.
Was muss eine Bank heutzutage leisten, um ihre Mitarbeiter gezielt zu fördern und Aufstiegsmöglichkeiten zu ermöglichen?
Bundesbank: Die Bank muss frühzeitig mit der Personalentwicklung beginnen und dafür ein übergreifendes Konzept haben. Vor der Förderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müssen deren Potenziale erkannt und die Ziele der Entwicklung abgestimmt werden. Hier sind auch die Führungskräfte gefragt, die im täglichen Geschäft ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erleben und diese mit ihren Stärken und Entwicklungsfeldern einschätzen können.
comdirect: Auch das hat wieder viel mit der Kultur zu tun. Wichtig ist, dass Mitarbeiter die Strategie des Unternehmens kennen und die eigene Tätigkeit in diesem Kontext als sinnvoll und wertschöpfend erleben. Mitarbeiter wollen als Menschen und nicht als Ressource gesehen werden. Sie wollen sich frei entfalten können und Wertschätzung für gute Leistung erfahren. Sie wollen Eigenverantwortung und die Möglichkeit zur Mitgestaltung haben und nicht nur exekutiv abarbeiten. Viele jedenfalls. Wichtig ist zudem der kontinuierliche und vertrauensvolle Dialog zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Außerdem möchten insbesondere junge Mitarbeiter einen Job nicht allzu lange machen, sondern durch Job-Enrichment oder Positionswechsel gefordert und gefördert werden. Bevor Langeweile auftritt. Gleichzeitig geht der Trend in Richtung einer durchlässigen Kultur, in der Mitarbeiter zwischen Linien- und Projektorganisation wechseln und so vielfältige berufliche Erfahrungen sammeln, die auf ihr Employability-Konto einzahlen.
Wird es die klassische Banklehre langfristig noch geben oder geht der Trend eher in Richtung duales Studium bzw. Trainee nach Studienabschluss?
Bundesbank: Die „klassische Banklehre“ gibt es in der Bundesbank nicht. Die Bundesbank setzt bei ihrer Nachwuchsgewinnung auf die eigene Beamtenausbildung in den Laufbahnen des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes. Für Masterabsolventen mit einem überdurchschnittlichen wirtschaftswissenschaftlichen Abschluss gibt es außerdem die Möglichkeit, über ein zwölfmonatiges Traineeprogramm bei der Bundesbank einzusteigen. Daneben bildet die Bundesbank in verschiedenen anderen Berufen, wie z.B. Kauffrau/Kaufmann für Büromanagement aus. Außerdem bieten wir den dualen Studiengang Bachelor of Science in Angewandter Informatik an der dualen Hochschule Baden-Württemberg in Moosbach und Mannheim an.
comdirect: Je nach angepeiltem Karriereweg haben beide Ausbildungswege ihre Berechtigung. Der Trend geht bei Schulabsolventen Richtung Studium, für uns hat die Ausbildung aber nach wie vor einen hohen Stellenwert. Deshalb werden wir sie in den kommenden Jahren neben dem Traineeprogramm und dualem Studium weiterhin anbieten.