Corinna Groner sprach für BANKINGNEWS mit Prof. Dr. Hans Fleisch über den Stiftungsstandort Deutschland im internationalen Vergleich.
Wie attraktiv ist Deutschland als Stiftungsstandort im internationalen Vergleich?
Deutschland ist nach den Reformen der vergangenen Jahre im Stiftungs- und Stiftungssteuerrecht eines der attraktivsten Länder für gemeinwohlorientierte Stifterinnen und Stifter geworden. Diese Attraktivität des Stiftungsstandortes Deutschland zeigt sich auch in der Gründungsdynamik. Hierzulande werden jeden Tag annähernd zwei Stiftungen gegründet. Auch ist unser Land einer der Thementreiber auf diesem Gebiet, wir haben den „European Day of Foundations and Donors“, der letztes Jahr zum ersten Mal stattfand, initiiert. Generell ist aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Stiftungsdefinitionen allein innerhalb der EU ein Vergleich nur bedingt möglich. Zuletzt wurde die Gesamtzahl der Stiftungen in der EU im Rahmen einer Durchführbarkeitsstudie zu einem europaweit einheitlichen Stiftungsgesetz 2005 erfasst. Nach dem Vergleich der Gesamtsummen der Stiftungsvermögen in den einzelnen europäischen Ländern lag Deutschland weit vorn: hinter Großbritannien, Italien, Spanien und Dänemark auf Platz 4. Damals zählte Europa rund 110.000 Stiftungen.
Funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Banken und Stiftungen? An welchen Stellen gibt es Optimierungspotential?
Die immer größer werdende Zahl an Stiftungen in Deutschland hat auch die Anzahl der Banken und Vermögensverwalter steigen lassen, die Dienstleistungen für Stiftungen anbieten. In meiner Wahrnehmung gehen, gezielter als noch vor wenigen Jahren, Banken auf die Besonderheiten und Ansprüche von Stiftungen ein. Schon die Stiftungsumfrage des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen zum Thema „Stiftungen und ihre Banken“ im Jahr 2008 zeigte auf, dass Stiftungen mit ihren Banken insgesamt zufrieden sind. Damals wünschten sich die Stiftungen vor allem leistungsabhängige Gebühren und ein größeres Angebot an nachhaltigen Investments.
Worin können sich die Anlagestrategien von Stiftungen unterscheiden?
Analog zur Vielfalt von Stifterwillen und Stiftungszwecken, an denen sich die Entscheidung zur Vermögensanlage orientieren muss, fallen auch die Anlagestrategien von Stiftungen unterschiedlich aus. Allen Anlagestrategien ist eines gemeinsam: Sie müssen den Zielen Sicherheit, Ertrag, Liquidität und – für viele Stiftungen immer bedeutender werdend – Nachhaltigkeit angemessen genügen. Mit der Auswahl einer oder mehrerer Assetklassen, z.B. Zinsanlagen, Beteiligungen, Währungen oder Immobilien, gehen die Entscheidungen für einen Managementstil und die Verwaltungsform einher: Soll das Vermögen aktiv oder passiv gemanagt werden? Verwaltet man es selbst oder beauftragt man einen unabhängigen Vermögensverwalter? Die wichtigsten Markierungspfeiler für Anlagestrategien von Stiftungen sind letztendlich zum einen die Vorgabe der Landesstiftungsgesetze, dass das Vermögen der Stiftungen ungeschmälert zu erhalten ist, und zum anderen, dass die Stiftungen ausreichend Erträge generieren müssen, um ihren Zweck zu erfüllen. In diesem Spielfeld liegen die Anlagestrategien von Stiftungen.
Wie gehen Stiftungen mit der aktuellen Niedrigzinsphase um?
2013 führte der Bundesverband Deutscher Stiftungen dazu eine Befragung in unserem StiftungsPanel durch. Diese ergab, dass die Mehrzahl der Stiftungen offenbar relativ gut durch die Krise kommt. Es gibt kaum Stiftungen, die Vermögensverluste realisiert haben. Dennoch waren die Erwartungen für 2013 zum Zeitpunkt der Umfrage gedämpft, denn umso länger die Krise andauert, umso schwieriger wird es für die Stiftungen. Einen Ausweg suchen viele Stiftungen im verstärkten Fundraising und der Professionalisierung der Vermögensanlage; dazu gehört die Schaffung oder Überarbeitung von Anlagerichtlinien.
Sie sprechen in Ihrem Ratgeber über die so genannte „Hebelwirkung“ als Erfolgsfaktor. Können Sie unseren Lesern erläutern, welche Chance darin steckt?
Erstrebenswert für eine Stiftung sollte es meiner Ansicht nach stets sein, relativ große Wirkungen durch relativ geringen Aufwand zu erreichen – ganz im Sinne des Hebelgesetzes. Sei es mit der Förderung von Thinktanks, durch Kooperationen oder beim Einsatz von Multiplikatoren – es ergeben sich viele mögliche Stellschrauben in der Stiftungspraxis. Wird der richtige Hebel bewegt, erhöht sich beispielsweise der Wirkungsradius einer Stiftung, können die öffentliche Wahrnehmung gesteigert oder Kosten gesenkt werden, und das bei vergleichsweise geringem Aufwand.