Nach gregorianischem Kalender, dem julianischen Kalender folgt nun der finanzianische Kalender. Das erste Jahr ist nach der neuen Zeitrechnung seit dem 15. September 2008 nun rum.
Meryll Lynch wurde gerettet, doch bei Lehman wollten die USA ein Exempel statuieren. Ein weit reichender Fehler, wie wir heute wissen.
Wurde die Immobilienblase bis zum Tag Null nach der neuen Zeitrechnung noch als Finanzkrise bezeichnet, so weitet die Entscheidung, eine Bank „pleite gehen zu lassen“, das Krisenszenario auf eine weltweite Finanzkrise aus.
Bis zum 15. September waren die Regierungen nur Zaungäste der weltweiten Finanzarchitektur. Basel II sollte das Risiko von Banken bei der Kreditvergabe verringern und risikoadäquat bepreisen, aber ausgerechnet die USA machen nicht mit. Weltweit einheitliche Bilanzierungsregeln bleiben jahrelang ein schöner Traum. Und so werden Banken immer größer. Getreu dem Motto „too big to fail“, werden alle Warnungen als Spinnerei von Untergang-Stimmungs-Phantasten abgetan.
Alles beim Alten?
Und wie sieht es ein Jahr nach Lehman aus? Gelernt haben wir eine Menge, doch Lehren ziehen reicht nicht aus. Selbsterkenntnis ist zwar bekanntlich der erste Schritt, aber es muss mit Schritt zwei auch die Umsetzung erfolgen.
Zwar hat es weltweite Finanzgipfel gegeben und die Politiker aller Länder haben den Zeigefinger in die Höhe gerissen, gemahnt und gewarnt, aber hier in Deutschland wirken im Superwahljahr alle Bekundungen nur wie Wahl-Parolen. Zum Glück wird man bei Goldman Sachs sagen, denn die Boni im Jahr 2009 könnten Rekordergebnisse erzielen.
Dass die wirklich wichtigen und – seien wir ehrlich – auch notwendigen Veränderungen jedoch mehr brauchen als Wahlkampfparolen, zeigt die Forderung unserer Kanzlerin, Banken mit unterschiedlichen Eigenkapitalforderungen zu bedenken. Als hätten wir aus dem europäischen Zankapfel „Gewährsträgerhaftung“ nichts gelernt.