Mit Brot und Spiel, so der römischen Dichter und Satiriker Juvenal lässt sich ein Volk im Bann halten.
„Panem et circenses!“, Brot und Spiele. Fast 2000 Jahre später werde ich den Eindruck nicht los, dass Juvenals Spruch nach wie vor hochaktuell ist. Brot (Wahlgeschenke) und Spiel (Fußball-WM) sind immer noch in der Lage, einem Volk eine gewisse Grundsedierung zu verpassen. Ich kann die Einwände schon jetzt hören. „Ja klar, Hahn ist ein Spielverderber, weil er sich nicht tagelang jeden Abend von Deutschland-Sieg zu Deutschland-Sieg mit einem Autokorso durch die Straßen geschoben hat.“ Klar, ich habe auch kein Spiel „unserer“ National-Elf verpasst. Und ja, ich bin auch ein kleines bisschen stolz auf „meine“ National-Elf. So einen WM-Sieg erlebt man schließlich auch nicht alle Tage.
Dass dieser Sieg, wie es deutsche Unternehmer verlauten, die Folge hiesiger Wirtschaftserfolge und nationaler Tugenden ist, halte ich für weit aus dem Fenster gelehnt. Aber man will halt vom Erfolg auch irgendwie profitieren. Die Spieler, auch die, die alle Spiele nur vom Rand beobachtet haben, sind nach diesem Urlaubsausflug nach Brasilien mit über einer Million Euro nach Hause gekommen. Aber die Fans zuhause? Leer ausgegangen.
Dem arbeitslosen Fan hilft es nicht, dass sein Ex-Chef gerade jetzt von Wirtschaftserfolgen spricht, die diesen Sieg erst ermöglicht haben. Dieser Erfolg für den Unternehmer hat sich daraus ergeben, dass er in den vergangenen Jahren sein Personal um 15% verringert hat. Immerhin konnte der Ex-Mitarbeiter jetzt vier Wochen mal so richtig abschalten. Ist doch was, oder? Karten für den Besuch der WM konnte sich indes nur sein Ex-Chef kaufen. Da wird die Katerstimmung schnell wieder hochkommen.
Es hat im Übrigen in den letzten vier Wochen auch keinen Bürokratieabbau gegeben, die marode Infrastruktur ist immer noch da, die Bahn wartet immer noch auf neue Züge und bestimmt läuft auch gerade immer noch ein unentdecktes Schneeballsystem, bei dem den gierigen Anlegern zweistellige Renditen versprochen werden. Ist die Begeisterung erst einmal wieder abgeflaut, wird sich zeigen, dass sich doch nicht so viel geändert hat.
Doch das Schlimmste hat gar nichts mit Wirtschaft, Banken und Politik zu tun. So ganz nebenbei erfährt der fußballgebannte Fan von Toten und Kriegen in der ganzen Welt. Ob es der Fan überhaupt mitbekommt? Eher eine Randnotiz. Damit kann man sich jetzt auch wirklich nicht den Sieg verderben lassen. Das geht nun wirklich nicht.