Setzen, Sechs! Es scheint, als wäre das hiesige Bankberatungspotential insbesondere bei der Anlageberatung ausgeschöpft. Die Berater können es nicht besser. Weil die Politiker ihnen den Freiraum zur guten Beratung rauben.
Drei Jahre nach Einführung des Beratungsprotokolls hat sich nichts verändert. Die Bankbranche leidet an schlechten Bewertungen und legt insgesamt ein schlechtes Zeugnis ab. Besonders die Anlageberatung weist Mängel auf. Aus einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage unter 1.000 Bürgern einer auf Banken spezialisierten Unternehmensberatung geht hervor, dass 60 Prozent der Bundesbürger befürchten, dass die Geldhäuser eher Anlagen empfehlen, die kein aufwändiges Protokoll erfordern. Kritisiert wird auch, dass sie sich gleich ganz aus der Beratung insbesondere von Kleinanlegern zurückziehen, weil der bürokratische Aufwand zu groß ist (59 Prozent). Außerdem meinen die Kunden, dass die Produktauswahl deutlich eingeschränkt wurde. Die meisten Banken empfehlen hauptsächlich Produkte aus dem eigenen Hause, wie 82 Prozent der Befragten angaben. Zwei Drittel haben außerdem das Gefühl, die Institute interessieren sich wenig für ihre Bedürfnisse bei Fragen rund um die Geldanlage. Aus Sicht der Kunden gehen Bankberater demnach wenig auf die individuellen Kundenbedürfnisse ein und bieten sehr standardisierte Produkte an. Dies gilt für Produkte, für die Beratung und natürlich die Auswertung der Beratungsprotokolle. Kunden wollen keine unpersönlichen Standardbenachrichtigungen zur Entwicklung der Vermögensanlage sehen, sondern dass Banken auf ihre individuellen Wünsche eingehen.
Seit Anfang 2010 sind Banken verpflichtet Beratungsprotokolle für Kunden anzulegen. Damals, kurz nach der verheerenden Finanzkrise, war das Vertrauen in die Banken geschwunden. Dieser Zustand hält sich vehement bis heute. Eine Studie von Ernst & Young aus dem Jahr 2012 untersuchte die Gründe, die zum Vertrauensverlust führten. Makroökonomische Gründe, wie die Finanzkrise und das weltweite Schuldendesaster waren bei mehr als der Hälfte aller Bundesbürger (55 Prozent) Auslöser der ständigen Unzufriedenheit. Bei fast der Hälfte (42 Prozent) führte auch die schlechte Beratungsqualität zum mangelnden Zutrauen.
Nun sehen Branche, Politik und Kunde, dass trotz Beratungsprotokoll keine positive Änderung eingetreten ist. Nicht umsonst wird das von der stark regulierenden Politik eingeführte Protokoll von allen Seiten kritisiert. Die BaFin bemängelte bereits bei einer Markterhebung im Mai 2010 an den Protokollen, dass sie nur vorformulierte Antwortmöglichkeiten enthalten und die Freitextfelder selten genutzt werden. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon schimpft ebenfalls über die Pflicht zum Beratungsprotokoll. „Vor allem im Wertpapiergeschäft ist der Bogen inzwischen überspannt“, sagte er Ende November auf einer Bankenkonferenz in Frankfurt. Kunden brauchen „keine staatliche Nanny an ihrer Seite, die ihnen ständig vorgibt, zum eigenen Schutz Protokolle ausfüllen oder ellenlange Produktinformationen lesen zu müssen.“ Die Politik schießt mit ihrem Regulierungswut weit übers Ziel hinaus und belastet die Finanzbranche mit einer unnötigen Dokumentationspflicht, die jeden Berater Zeit und damit der Bank Erträge kosten. Denn die Kunden sind es nicht, die bei einem Beratungsgespräch die Kosten tragen. Aber Banken, wie alle wirtschaftlichen Unternehmen, müssen Geld verdienen.
Die Regulierungswut geht soweit, dass Bankberater kapitulieren. Sie hängen die Anlageberatung an den Nagel, weil auch sie mit dem Beratungsprotokoll nicht einverstanden sind. So sagen sie, dass das Protokoll nur ein vorgetäuschter Verbraucherschutz ist, denn die Risiken werden an den Kunden übertragen. Das standardisierte Protokoll lässt gar nicht erst zu, dass der Berater auf Kunden eingehen kann. Stattdessen muss er sich, genauso wie der Kunde, mit unnötiger Bürokratie herumschlagen. Wer hat damit schon gerne zu tun? Es sind keinesfalls die Banker, die ihren Job falsch machen. Es sind die Politiker, die mit ihren Regulierungen den Job der Banker erschweren und die Kunden abschrecken.