Wie oft hört man von der Macht der Wirtschaft über die Politik. Gewiss, manche Argumente sind nicht an den Haaren herbeigezogen. Doch letzten Endes behält die Politik die Oberhand, sie muss es nur wollen. Dies geschieht mehr, als man zu denken meint. Man muss nur Mitarbeiter von Banken fragen.
Wieviel ist in letzter Zeit geschrieben worden über den Verlust des Primats der Politik. Nun gut, zum Teil ist es ja auch richtig. Bedenklich ist es allemal, wenn Lobbyisten an Gesetzestexten mitschreiben und dies von einer SPD-geführten Regierung ermöglicht wurde. Genosse der Bosse muss hier als Schlagwort genügen. Aber wer nur auf solche Exzesse schaut, verstellt den Blick auf das Ganzheitliche. Zieht man alles zusammen, so muss man feststellen, dass das Primat der Politik nach wie vor ungebrochen ist. Hierbei muss man sich nicht auf die Sanktionen gegen Russland, den Iran und andere Länder konkretisieren. Aber auch sie werden nicht von der Wirtschaft, sondern von der Politik verabschiedet.
Meine Argumentation zielt auf eine andere Ebene. Der aufmerksame Leser tagespolitischer Nachrichten weiß um die vor Kurzem Google aufgelegte Regulierungen. Google, einst als eine von vielen Suchmaschinen gestartet, hat sich auf ganzer Linie durchgesetzt. Nicht nur am Marktanteil von 90% lässt sich diese Dominanz ablesen, auch am alltäglichen Wortgebrauch zeigt sich Googles Dominanz. Wer hat nicht schon einmal gegoogelt? Nun ist Google gehalten, Verlinkungen zu löschen, die auf Nachrichten hinweisen, für die Google erstens nicht verantwortlich ist und die Google zweitens nicht einmal bereitstellt. Diese Nachrichten liegen auf anderen Servern, auf die der Suchmaschinengigant keinen Zugriff hat. Google darf nur nicht mehr auf diese Nachrichten hinweisen. Ähnliches droht gewiss auch Amazon, die sich gerade einen heftigen Streit mit dem Verlag Bonnier leisten. Manche reden hier von Erpressung. Wenn der Verlag nicht Rabatte bis zu 50% gewährt, werden die Bücher nicht mehr ausgeliefert. Momentan werden sie es zwar noch, aber nur verspätet. Ich wage einmal eine Prognose: Wenn Amazon nicht aufpasst, greift auch hier der staatliche Regulierer ein. Weitere Beispiele lassen sich schnell finden.
Die Bankenbranche kennt diese Einschränkungen der unternehmerischen Freiheiten nur zu gut. Sie dürfen schon lange nicht mehr machen, was sie wollen. Manche Regulierungen sind sinnvoll und werden auch von Bankern nicht bestritten. Schließlich sind Banken nun einmal in manchen Geschäftsbereichen systemrelevant. Auch sitzen einige Großbanken auf einem Berg voll Geld und können ganze Volkswirtschaften zu Fall bringen. Wer hier nicht reguliert, begeht einen großen Fehler. Ohne Regulierungen entstehen Krisen, so etwa die von 2008.
Aber neben wichtigen Eingriffen gibt es auch solche, welche von den meisten Bankmitarbeitern als störend und lästig empfunden werden. Man denke nur an die Protokolle, die nach jedem Kundengespräch geschrieben werden müssen. Unterlässt eine Bank diese Pflicht, kommt sie in arge Schwierigkeiten.
Man sieht, kaum erlangen bankfremde Unternehmen eine nicht mehr zu leugnende Marktmacht, greift auch hier die Politik regulierend ein. Von wegen, es gibt kein Primat der Politik mehr. Eine Erfahrung, die Bankmitarbeiter nur zu gut kennen.
Wenn also Diskussionen geführt über den Primat der Politik bzw. über das Fehlen, so muss der ganzheitliche Ansatz zwingend berücksichtigt werden. Die Regulierungen, ob sinnvoll oder nicht, gehören zwingend dazu. Jeder Bankmitarbeiter kann das Primat der Politik aus seinem beruflichen Alltag nur bestätigen.
Unternehmen mit einer nicht mehr zu leugnenden Marktstellung dürfen nicht den Fehler begehen, sich für unbesiegbar zu halten. Was ihnen blüht, verraten ihnen Banken sicher gern.