Unruhe ist bestimmt das Letzte, was sich die Commerzbank leisten kann. Genau danach sieht es aber derzeit aus. Zwar scheint der neue Chef im Aufsichtsrat, Hans Jörg Vetter, eine klare Strategie zu verfolgen, das kostet jedoch Personal. Nachdem die Chefin der comdirect, Frauke Hegemann, bereits vor Wochen das Handtuch geschmissen hat, hat auch die große Hoffnung, Roland Boekhout seinen Rücktritt erklärt.
Zwei unterschiedliche Strategien für das Firmenkundengeschäft verträgt die Bank nicht. Boekhouts wollte mehr digital, andere mehr persönlich. Aber war Boekhouts nicht genau mit der Expertise „Digital“ geholt werden? Er kann sich jetzt in jedem Fall ein zweijähriges Sabbatical mit Vorstandsgehalt gönnen.
Auch etwas, was sich die Commerzbank nicht leisten kann. Bei der Strategie des Filialnetzes scheint es keine klare Linie in Frankfurt zu geben. 200 statt 1.000 Filialen und 400 Servicepoints? Mehr Filialen, weniger Servicepoints? Leider scheint hier der einzige Ratgeber der Rotstift zu sein.
Vor sieben Jahren wurde noch mit großem Bombast die erste Flagship-Filiale eröffnet. Ein Konzept, das über die Republik ausgerollt werden sollte. Das ist wohl auch etwas, was sich die Commerzbank derzeit nicht leisten kann. Deshalb sollen Filialen geschlossen werden. Das wird Kunden kosten. Und Ertrag. Weniger Ertrag kann sich kein Vertriebsunternehmen leisten. Ertrag sollte die digitale Perle in Polen abwerfen.
Aber die mBank wollte auch keiner haben. mBank, comdirect mit dem Mutterhaus verschmelzen? Strategie oder ein hoffnungsloses Unterfangen? Kaum ein Bereich der Commerzbank, der nicht auf der Intensivstation liegt. Leider ist es wirklich fünf nach zwölf und hoffentlich nicht zu spät für die Commerzbank. Bleibt für Fusionsinteressierte: Abwarten und billig kaufen?
Ihr Thorsten Hahn
Tipp: Sie möchten mehr aus der Rubrik „Quer durch die Bank“ lesen? Dann erfahren Sie hier, was genau hinter der Gefahr mit den Fähnchen steckt oder informieren Sie sich über die Schuldzuweisungen im Fall Wirecard und warum Thorsten Hahn über ein Versagen auf ganzer Linie spricht.