„Nichts wird besser“ – mit dieser düsteren Prognose macht Nicolas Lieven gleich zu Beginn seines Buches klar, welche Lektionen erfahrungsgemäß aus Finanzkrisen gezogen werden: im Fall von Politik und Unternehmensführung nämlich gar keine. Nur die Erkenntnis, dass solche Skandale ihren bedrohlichen Charakter verloren haben und mit wirklichen Konsequenzen nicht zu rechnen ist, habe sich in der Managerriege seit der letzten großen Finanzkrise vor zehn Jahren durchgesetzt, so der Wirtschafts- und Politikredakteur. Der denunzierende Pessimismus, der in diesen Aussagen mitschwingt, fasst auch die Ausrichtung des restlichen Werkes zusammen. Dieses liest sich wie eine Mischung aus Anklageschrift und Untergangsprophezeiung. Lieven versucht dabei jedoch auch, Raum für Ursachenfragen und sogar Lösungsansätze zu schaffen.
Skrupellos sind für Lieven nicht nur führende Banker mit Top-Gehältern. Der Autor widmet sich im Verlauf des Buches ebenfalls den Skandalen anderer Branchen wie zum Beispiel der Autoindustrie mit dem Abgasskandal um Volkswagen, die seiner Ansicht nach symptomatisch für dasselbe zugrunde liegende Problem sind: Die Gier der Managerriege und die Unfähigkeit oder Unwilligkeit der Politik, diese zu konfrontieren und ihre Macht zu beschneiden. Lieven betont zwar immer wieder, dass es auch Gegenbeispiele gibt, „Manager, die sorgsam mit ihrer Macht umgehen“. In dem Meer aus Skandalen und Korruption, die der Autor dem Leser vorführt, wirkt dieser Versuch zu nuancieren jedoch eher halbherzig. Es ist schade, dass sich Nicolas Lieven stellenweise zu sehr in dem Feindbild verliert, dass er über 300 Seiten hinweg erschafft, und dadurch die interessanten Leitfragen des Buches aus dem Blick verliert.
Unfairness kann man dem Autor jedoch nicht vorwerfen: Die Unternehmen, Personen und Fälle sind sorgsam ausgewählt. Wenn Lieven in seinen Anschuldigungen konkret wird und sogar Namen nennt, trifft sein erhobener Zeigefinger stets den Richtigen. Auch wenn das Buch tatsächlich „schlechte Laune macht“, wie es ihm gegenüber ein Probeleser ausdrückte, muss diese nicht zwangsläufig zu Resignation führen. Sie sollte vielmehr wachrütteln und zum Handeln animieren. Denn es ist auch die Passivität in der Basis, so Lieven, die Skrupellosigkeit an der Spitze erst ermöglicht.