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Neue Vorgaben der Aufsicht: Wie steht es um die Risikotragfähigkeit?

Die bisher in Deutschland gängigen Risikotragfähigkeitskonzepte Going-Concern und Gone-Concern sollen laut BaFin schon bald der Vergangenheit angehören. Was ist zu beachten? Ein Update von Dr. Daniel Baumgarten


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Ende Mai 2018 wurde ein aufsichtliches Leitlinienpapier zur Risikotragfähigkeit durch die BaFin und die Deutsche Bundesbank veröffentlicht, das die bestehenden Vorgaben aus dem Jahr 2011 ersetzt. Der Leitfaden richtet sich an unmittelbar von der BaFin beaufsichtigte Less Significant Institutions (LSI) und enthält Vorgaben, die von der nationalen Aufsicht zukünftig bei der Beurteilung der bankinternen Risikotragfähigkeitskonzepte zugrunde gelegt werden. Die bisher in Deutschland verwendeten Risikotragfähigkeitskonzepte Going-Concern-Ansatz (Fortführungsperspektive) und Gone-Concern-Ansatz (Liquidationsperspektive) werden dadurch zu Auslaufmodellen. An ihre Stelle treten normative und ökonomische Perspektiven, die nach und nach umgesetzt werden sollen.

Aufwertung der Kapitalplanung: Die normative Perspektive

Die normative Perspektive stellt eine Aufwertung des bereits in den MaRisk verankerten Kapitalplanungsprozesses und dessen Verknüpfung mit der Risikotragfähigkeitsanalyse dar. Sie stellt sicher, dass ein Institut die regulatorischen Mindestkapitalanforderungen und relevante Kapitalpufferanforderungen für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren nachweisen kann. Neben der Darstellung eines Planszenarios müssen im Rahmen von mindestens einem adversen Szenario allen denkbaren negativen Abweichungen vom geplanten Geschäftsverlauf Rechnung getragen werden. Bei der Ausgestaltung dieser adversen Szenarien müssen betreffende Bankhäuser auch Risiken aus der ökonomischen Perspektive berücksichtigen, wodurch eine Verbindung der beiden neuen Ansätze geschaffen werden soll.

Betrachtung über die Regulatorik hinaus: Die ökonomische Perspektive

Die ökonomische Perspektive ergänzt die normative Sicht um eine interne Analyse des in den MaRisk geforderten Schutzes der Institutsgläubiger vor ökonomischen Risiken. Sie muss dabei Risikobestandteile umfassen, die in der Regulatorik und/oder Rechnungslegung nicht vollständig abgebildet werden. Auch auf Seiten der Deckungsmasse, die den Risiken gegenübergestellt wird, muss eine von der Rechnungslegung losgelöste, ökonomische Betrachtung durchgeführt werden. Bei der konkreten Quantifizierung der Risiken und des Risikodeckungspotenzials gewähren die überarbeiteten Vorgaben in Abhängigkeit von der Größe und Komplexität eines jeden Instituts interessante Gestaltungsspielräume. So ist neben einer rein wertorientierten Bestimmung der Risiken und des Risikodeckungspotenzials in Form des Unternehmensbarwerts auch der Vergleich barwertnaher Risiken mit den um stille Reserven und Lasten bereinigten Eigenmitteln als Annäherung an eine barwertige Betrachtung möglich.

Herausforderungen bei der Umsetzung

Ich halte die überarbeiteten aufsichtlichen Vorgaben in ihrer Ausrichtung für nachvollziehbar und zielführend. Insbesondere ist die Vermeidung einer potenziellen Doppelanrechnung von Risiken heutiger Going-Concern-Ansätze sehr zu begrüßen. Wertungen und Handlungsempfehlungen des Risikomanagements gelangen durch den zukünftigen Wegfall dieses Angriffspunkts zu mehr Gewicht und Akzeptanz.

Eine der größten Herausforderungen bei der Umsetzung der neuen Vorgaben dürfte in vielen Fällen jedoch die Einführung der barwertig orientierten ökonomischen Perspektive sein. Insbesondere LSI, die bisher ausschließlich einen buchwertigen Fortführungsansatz nutzen, dürften hier ins Schwitzen kommen. Und das ist laut der kürzlich veröffentlichten Range-of-Practice-Studie der Deutschen Bundesbank zur Risikotragfähigkeit im Zeitraum 2015 bis 2017 immerhin bei knapp 93 Prozent der deutschen LSI der Fall. Eine weitere große Herausforderung stellt die Ausgestaltung der adversen Szenarien dar und in diesem Zusammenhang insbesondere die Entwicklung des Zusammenspiels mit der ökonomischen Perspektive. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den neuen Vorgaben erscheint trotz des mehrjährigen Übergangzeitraums daher sehr sinnvoll.