Glosse: Nach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz soll jetzt auch die Deutsche Bank aufgelöst werden

Nachdem bekannt wurde, dass ein zunächst geheimes Gutachten die Auflösung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz empfiehlt, wurde jetzt ein noch viel geheimeres Gutachten bekannt, dass auch die Auflösung der Deutschen Bank empfehlen soll. Wir fragen: Welche Gründe sprechen für eine Auflösung von Deutschlands größter Bank?


Glosse: Nach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz soll nun auch die Deutsche Bank aufgelöst werden.

„Lausig“ – dieses schöne, aber doch selten genutzte Wörtchen hatte Ex-Deutsche-Bank-Chef John Cryan benutzt, um die Qualität der IT-Systeme des 1870 gegründeten Unternehmens zu beschreiben. Das nahm man ihm intern übel, wohl auch, weil die Beschreibung verdächtig nah an die Wirklichkeit herankommen sollte.

Als dann auch noch Ex-IT-Vorständin Kim Hammonds vor Top-Managern der Bank schimpfte, die Deutsche Bank sei das „dysfunktionalste Unternehmen“, für das sie jemals gearbeitet habe, war klar, die meinungsfreudige Dame muss weg. Group Chief Operating Officer (COO) war sie nicht einmal drei Jahre lang.

Jetzt übrigens soll Google helfen, die streckenweise arg veraltete Technik des einst angesehenen Bankhauses zu erneuern. Hoffentlich schaut bei Google niemand in die Portokasse und ruft. „Dann lass uns die Bank doch gleich kaufen.“ Die Mittel dafür wären da. Dafür sorgen einerseits die stetig sprudelnden Gewinne von Google und andererseits der gleichfalls implodierte Aktienkurs der Deutschen Bank (WKN: 514000 – ISIN: DE0005140008), der schon einige Zeit einstellig ist.

Kommen wir zum nächsten Thema, das bei der Deutschen Bank eine große Rolle spielt: Compliance. Experten schätzen, dass das Kreditinstitut bislang mehr als 13 Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten ausgeben musste. 13 Milliarden Euro, sich das auf der Zunge zergehen zu lassen, dauert. Die Gründe für diese große Summe (die nicht für Investitionen, zum Beispiel in Technik, zur Verfügung steht) sind vielfältig. Sie wurden aber teils schon zu Zeiten von Lichtgestalten wie „Joe“ Ackermann oder Anshu Jain gelegt. Ackermann wollte bekanntlich eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent, hat aber immer nur von „25 Prozent“ gesprochen und nie gesagt, ob da nun ein Plus vorstehen kann oder auch ein Minus. Das rächt sich jetzt natürlich, da das Management der Bank immer noch nach einer durchschlagenden Unternehmensstrategie suchen soll. In den letzten Jahren wurde kontinuierlich ein Minus beim Jahresgesamtergebnis erzielt.

Unter Anshu Jain (Co-Vorstandsvorsitzender der Bank von 2012 – 2015) wurden nicht nur Skandale um Zinsmanipulationen (London, Libor) bekannt, auch mit Vorwürfen zu Cum-Ex-Geschäften musste sich das Bankhaus auseinandersetzen. Es gab sogar zeitweise Cum-Ex-Ermittlungen gegen den Investmentbanker und Co-Vorstandsvorsitzenden Jain, dessen nähere Vertraute intern als „Anshu‘s Army“ bezeichnet wurden.

Die Deutsche Bank und ihre „Kultur“

Und was hat das alles mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu tun? Ganz einfach: Die Begründung für die Auflösung (zumindest was bisher bekannt wurde) liest sich so, als wäre sie auch für die Deutsche Bank geschrieben: die Komplexität der Führungsstruktur sei ein bisschen zu groß, das wirke dysfunktional (!) und der digitale Strukturwandel lasse stark zu wünschen übrig. Cryan und Hammonds haben es sowieso gewusst.

Und dann könnte man nebenbei auch noch fragen, wie es um die „Kultur“, also die Unternehmenskultur, im größten deutschen Bankhaus bestellt ist. Da scheint nicht alles zu glänzen, was mal goldig aussah. Die Mitarbeiter haben schon so manchen Strategiewechsel gesehen, immer mit warmen Worten nach innen und außen verkauft. Es wurde eine stattliche Reihe an Vorstandsvorsitzenden verschlissen, mit jedem neuen kam auch eine neue Strategie. Jetzt heißt es: kleinere Bilanzsumme, Herunterfahren des Investmentbanking, Stellenabbau. Doch über welche Ressourcen verfügt eine Bank hauptsächlich? Richtig, die Antwort lautet „Human Resources“.

Warum eigentlich nutzt die Deutsche Bank diese Ressource scheinbar so schlecht? Es sind doch die Mitarbeiter, die von den Führungskräften und leitenden Personalmanagern eingestellt worden sind. Liebe Deutsche Bank, hast du wirklich alle Mitarbeiter gefragt, was sie können und wollen und ob sie den (digitalen) Strukturwandel vielleicht doch mit befeuern möchten? Denn zum „Kulturbesitz“, wenn man so sagen darf, gehören nicht nur die exzellente Kulturstiftung der Deutschen Bank, sondern auch und gerade ihre motivierten Mitarbeiter. Liebe Deutsche Bank-Manager, der Verzicht auf ein Monatsgehalt in der Corona-Krise ist schön und gut, aber wann habt ihr zuletzt einen Mitarbeiter für seine Leistung gelobt und ihm Mut gemacht, dass er im „richtigen“ Unternehmen arbeitet? Wann – und wie oft?

Wir werden natürlich alle Gründe aus dem Super-super-Geheimgutachten, die gegen eine schnelle Auflösung der Deutschen Bank sprechen, genauestens analysieren. Das könnte aber ein bisschen dauern.

Von Thomas Friedenberger

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