BANKINGNEWS: Mit Barcelona eröffnen Sie nach Berlin und New York einen dritten internationalen Standort. Warum Barcelona?
Alexander Weber: Bei der Entscheidung für den Standort Barcelona waren hauptsächlich das lokale Ökosystem und der dort ansässige Talentpool ausschlaggebend. Für uns als Start-up ist sehr wichtig, die richtigen Leute anzuziehen und ins Team zu holen. Barcelona ist als gut entwickeltes europäisches Technologiezentrum bekannt und verfügt über ein ausgezeichnetes Ökosystem sowohl im Hinblick auf Technologie als auch Unternehmertum. Dieser Schritt ermöglicht es N26, neue Talente zu gewinnen, die das schnelle Wachstum des Teams weiter vorantreiben. Hinzu kommen die hohe Lebensqualität in Barcelona und die Bedeutung von Spanien als einer der europäischen Kernmärkte für N26. Wir haben Anfang des Jahres ein Team für den spanischen Markt aufgebaut und vertiefen durch die Eröffnung des neuen Standorts die Verbindung nach Spanien.
„Wir wissen, wie stark der Markt um die guten Talente umkämpft ist“
Was für neue Produkte und Technologien haben Sie jetzt im Blick?
Unsere Vision ist es, Banking einfach, mobil und transparent zu machen. Wir wollen unsere Kunden als Partner bei ihren täglichen finanziellen Bedürfnissen und Entscheidungen unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es für uns essenziell, unseren Talent-Pool im Bereich Technologie schnell zu erweitern. Das neue Büro in Barcelona wird sich primär auf die Produkt- und Technologieentwicklung fokussieren. Die lokalen Teams in Barcelona sollen in den nächsten Jahren kontinuierlich ausgebaut werden. Heute beschäftigt N26 insgesamt über 430 Mitarbeiter. Die Eröffnung eines weiteren europäischen Büros an einem attraktiven Standort, neben Berlin, gibt N26 und ihren Mitarbeitern mehr Flexibilität und ist ein wichtiger Schritt, ein globaler Arbeitgeber zu werden. Wir wissen alle, wie stark der Markt um die guten Talente umkämpft ist. Und da wir schnell wachsen wollen, ist das einer der Gründe, warum wir einen dritten Standort eröffnen werden.
Was können die Kunden von N26 in Zukunft erwarten?
Wir möchten am Ende des Jahres in Großbritannien und im nächsten Jahr in den USA im Markt einsteigen. Daran arbeitet unser Produkt- und Technologieteam. Auch in Zukunft werden wir weitere Schritte unternehmen, um unseren Kunden weltweit das flexibelste Banking-Erlebnis zu ermöglichen. Erst vor Kurzem haben wir das neue Feature Spaces – eine schnelle und einfache Möglichkeit seine Finanzen zu organisieren und Geld zur Seite zu legen – gelauncht. N26-Kunden können innerhalb von Sekunden Unterkonten kreieren und Geldbeträge per Drag-and-Drop auf einen personalisierten Space und zurück auf das Hauptkonto transferieren. Der Vorteil: Mehr Kontrolle über die eigenen Finanzen und Transparenz im Verfolgen finanzieller Ziele. Noch in diesem Jahr ist eine Erweiterung des Spaces-Angebots geplant. Kunden werden ihre Spaces als Gemeinschaftskonten und personalisierbare Budgetierungsregeln sowie automatisierte Features für die Finanzplanung nutzen können.
„Wir sind die erste Bank, die wirklich paneuropäisch agiert“
Bei welchen Herausforderungen kommen Sie ins Schwitzen?
Im Bereich Internationalisierung werden sich sicherlich Herausforderungen ergeben, denn wir sind die erste Bank, die paneuropäisch agiert und auf Basis unserer Banklizenz viele Märkte bedient. Besonders zeigt sich das in unseren Kernmärkten. Für uns ist hier spannend zu sehen, dass Theorie und Praxis manchmal voneinander abweichen. Ich beziehe mich hier auf das Thema IBAN. Ihre Einführung sollte das Finanzwesen im europäischen Raum vereinfachen aber leider scheitert es an vielen Stellen an der Ausführung. In unseren Hauptmärkten stoßen unsere Kunden mit der deutschen IBAN da manchmal auf Probleme, da z.B. die Länge der IBANs variiert und die Zahlungen nicht ausgeführt werden können.
Wer hat Zugriff auf Daten bei N26?
Nur N26-Mitarbeiter haben Zugriff auf personenbezogene Daten, die sie für ihre tägliche Arbeit benötigen. N26 hat eine strikte Access Management Policy, die den Zugang zu personenbezogenen Daten so weit wie möglich einschränkt, um dem Grundsatz der Datenminimierung nachzukommen. Zudem gibt es halbjährlich Schulungen für Mitarbeiter.
„Viele Brands traditioneller Banken sind nicht attraktiv“
Wie sehen Sie das Thema „Künstliche Intelligenz“?
Wir verwenden Künstliche Intelligenz zum Beispiel im Rahmen unseres Facebook Chatbots, der für unsere Kunden eine einfache und schnelle Möglichkeit bietet, um mit N26 in Kontakt zu treten. Täglich verzeichnen wir circa 3.000 Neukunden und diese Daten müssen alle verarbeitet werden. Das läuft bei uns natürlich vollautomatisiert. Künstliche Intelligenz spielt zusätzlich eine essenzielle Rolle in der Betrugsprävention. Mit der Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz werden wir Banking für unsere Kunden noch einfacher und unsere App noch ansprechender gestalten.
Sie setzen bei Ihrer Marke und in Ihrer Werbung viel auf Emotionen, Ihr Branding ist auf das Erleben eingestellt. Finden Sie, das fehlt anderen Banken?
Der Anspruch an Banking hat sich in den letzten Jahren durch einen Wandel im Nutzerverhalten dramatisch verändert – von Offline zu Online zu Mobile. Kunden sind mobile Dienste wie Google Maps, Spotify und Airbnb gewohnt. Warum sollten sie also nicht erwarten, dass ihre Banken auch so mobil und flexibel erreichbar sind? Die Statistik zeigt, dass sieben von zehn Millennials lieber zum Zahnarzt gehen als in die Bankfiliale. Das sagt alles zum Status der Banken. Hier geht es nicht einzig um das Produkt, sondern auch um das Branding. Viele Brands traditioneller Banken sind nicht attraktiv. Wir haben es geschafft, mit N26 eine Brand zu entwickeln, die deutlich cooler und stylischer, aber auch erreichbar und auf Augenhöhe mit den „digitalen Leuten“ ist.
„Viele Kunden lösen das Problem gerne selbst“
Sie betreiben keine Bankfilialen. Wie schaffen Sie es, den Support für den Kunden hoch zu halten? Oft bevorzugen die Kunden schließlich einen persönlichen Kontakt.
Der Kunde kann bei uns vieles selbst kontrollieren. Er kann selbst die Karte sperren, die Dispo-Limits festlegen, und seine PIN ändern. Er ist also in der Position, dort viel selbst entscheiden zu können, wo eine persönliche Beratung unpraktisch und zeitraubend sein kann. In unserer App kann man das mit einem Klick machen. Natürlich gibt es auch andere Fälle: Zum Beispiel wenn die Karte gestohlen wird oder es sich zeigt, dass eine Transaktion nicht nachvollzogen werden kann. Hier sind wir für den Kunden erreichbar, zum Beispiel auf Social Media, mit einem In-App-Chat und per E-Mail. Der Ansatz unserer Problemlösung unterscheidet sich vom Ansatz der Industrie und wird von unseren Kunden sehr geschätzt. Ich bekomme nur selten Rückmeldungen, dass der persönliche Kontakt gewünscht ist. Viele Kunden lösen das Problem gerne selbst, und das mit einem Klick – besonders wenn es um die täglichen finanziellen Entscheidungen geht. Wenn es andererseits darum geht, einen Kredit für einen Wohnungskauf aufzunehmen, ist der persönliche Kontakt sicher von Vorteil. Aber das sind für uns „Once-in-a-lifetime-decisions“, die sich von den täglichen finanziellen Entscheidungen unserer Kunden, auf die wir den Schwerpunkt setzen, unterscheiden.
„Die Existenz anderer Player am Markt hilft uns“
N26 ist sehr erfolgreich, aber vielleicht noch nicht jedem bekannt. Wie gehen Sie damit um und wie wollen Sie ihre Bekanntheit steigern?
Der primäre Kanal, über den Kunden zu uns kommen, ist die Empfehlung von Freunden, also Word-of-Mouth-Marketing. Zusätzlich steigern wir unsere Bekanntheit durch Marketingkampagnen, die den Zeitgeist der „digitalen Leute“ ansprechen. Unsere Kampagnen sind sehr beliebt, und wir bekommen viel Zuspruch von der Community, zum Beispiel über unsere Social-Media-Kanäle.
Wie sehen Sie Ihren Konkurrenten Revolut?
Unser Ziel ist es, für unseren Kunden modernes und digitales Banking anzubieten, und die Existenz anderer Player am Markt hilft uns dabei, denn sie steigert das Bewusstsein für das Thema insgesamt. Wir müssen noch eine lange Strecke zurücklegen, bis wir 450 Millionen Kunden ein digitales Banking-Erlebnis bieten können.