Wer als Banker wissen will, wie intelligenter Vertrieb heute aussieht, sollte mal in einem Fahrradladen oder einem Ärztehaus vorbeischauen.
Wenn der alte Drahtesel gegen ein elegantes Hollandrad ausgetauscht wird, führt der Weg zumeist in einen fachkundigen Fahrradladen. Wenn einem nicht schon beim Anblick der Zweiräder Glücksgefühle überkommen, spätestens bei der dazu angebotenen Versicherung. Es gibt sie für rund 50 Euro pro Jahr und das sogar ohne jährliche Wertminderung beim Kaufpreis. Die vornehmlich von Diebstahlangst geplagten Großstädter werden ihr Gefährt in Zukunft beruhigt alleine lassen können. Dazu kauft man gleich noch ein hochwertiges Fahrradschloss und einen Korb und der Händler hat ein seine Cross Selling Strategie optimal abgewickelt. Wahrscheinlich ließe sich obendrein sogar noch ein bunter Strauß Tulpen mitverkaufen, damit sich das Lebensgefühl des Klassikers beim Kunden komplett einstellt. Oder vielleicht bucht man direkt vor Ort eine Fahrradreise in die Beneluxländer. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie sich Cross Selling nutzen lässt.
Eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte, „Kicking It Up a Notch: Taking Retail Bank Cross-Selling to the Next Level“, zeigt auf, dass Banken nicht das gesamte Cross Selling Potenzial nutzen. Neben ihrem Girokonto besitzen nur 19 Prozent der Kunden drei und mehr zusätzliche Produkte bei ihrer Hausbank. 49 Prozent hingegen verfügen über drei und mehr Produkte bei anderen Finanzinstituten. So gaben etwa 79 Prozent der Studienteilnehmer an eine Kreditkarte zu besitzen, wobei lediglich 33 Prozent eine bei ihrer Hausbank beantragten. Ähnlich sieht es bei der Autofinanzierung, Lebensversicherung oder Rentenversicherung aus. Während 25 Prozent der Befragten eine Autofinanzierung nutzten, schlossen sie nur 5 Prozent bei ihrer Hausbank ab. Ein starkes Gefälle zeigt sich bei Lebensversicherungen, die bankenübergreifend bei einem Anteil von 42 Prozent liegen und mit nur 3 Prozent bei der eigenen Hausbank gehalten werden. Gerade bei bereits bestehenden Kundenbeziehungen ergeben sich viele Chancen, indem der Share of Wallet noch stärker ausgeschöpft wird.
Das in der Studie angeführte Produktportfolio bezieht sich auf eher konventionelle Produkte. Banken sind mehr denn je gefragt neue Geschäftsfelder zu erschließen und so sollten auch bisher ungenutzte Produktbereiche oder Serviceleistungen in Betracht gezogen werden, um Wettbewerbsvorteile zu erhalten und auszubauen. Banken brauchen neue Strategien um zukunftsfähige Perspektiven für sich und ihre Kunden anzubieten. Vertriebskooperationen versprechen die Effizienz zu steigern. Warum kooperieren Banken beispielsweise nicht mit Auto- oder Möbelhäusern? So kann die Finanzierung auch direkt über die Hausbank vorgenommen werden, anstatt über Fremdanbieter. Finanzdienstleister sollten in ihre Dienste integrieren was Kunden ohnehin benötigen. Sichere Datenspeicherung ist heute vielen Menschen wichtig. So hat die Stiftung Warentest in ihrer Augustausgabe dieses Jahres 13 Cloud-Dienste beurteilt. In dem erschreckenden Ergebnis erhielten die Besten ein „befriedigend“. Können Banken das nicht besser? Auch sie sind in der Lage einen Online-Speicherdienst für Ihre Kunden anzubieten. Gerade Finanzinstitute agieren mit sensiblen Datensätzen in großen Mengen und verfügen über sichere Software Lösungen. Eine enorme Chance, um die Kundenzufriedenheit und das Image zu verbessern.
Im Sinne von Cross Selling und Vertriebskooperationen muss Banken daran gelegen sein einen Mehrwert zu bieten, beispielsweise durch Couponing. Das Netzwerk der jeweiligen Finanzinstitute ist riesig und so haben sie auch gute Beziehungen zu ihren Firmenkunden. Coupons als Marketinginstrument bringen Vorteile für alle Beteiligten. Die Frage danach, ob Filialen noch zeitgemäß sind steht schon lange im Raum. Wenn Kunden schon den Weg in die Filiale auf sich nehmen, können neben der Finanzberatung nicht zusätzliche Dienstleistungen unter einem Dach angeboten werden? Versicherungsexperten, Rechtsanwälte und Steuerberater bündeln etwa viele Kompetenzen. Kunden werden eine positive Einstellung gegenüber dem Leistungsangebot der Bank gewinnen. Sicherlich lassen sich durch die entstehenden Synergieeffekte interessante Angebote zusammenstellen. Die Beratungsgemeinschaft erinnert an ein modernes Ärztehaus. Mediziner aller Fachrichtungen optimieren die Patientenversorgung, bei steigendem Service und sinkenden Kosten.
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