Alles wandelt sich – auch die Vertriebsstrategie

Wenn etwas heute passend ist, muss das morgen nicht mehr unbedingt so sein. Warum das gerade für den Vertrieb in einer Sparkasse gilt und wieso sich Instituten aktuell optimale Gelegenheiten für Ertragssteigerung und bessere Kundenbindung bieten, weiß Vertriebssteuerin Bentje Hillmer von der Sparkasse Paderborn-Detmold.


Vertriebsstrategie, Kunden

Hohe Markttransparenz und wachsender Wettbewerbsdruck – Banken sehen sich im Vertrieb mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert. Auf Seiten der Kunden hingegen ist das Informations- und Vergleichsangebot so groß wie nie. Vor allem bei der aktuell extrem hohen Inflation reagiert die Kundschaft preissensibel.

Auch die Hürde, zu einem Wettbewerber zu wechseln, ist für Kunden inzwischen sehr gering und die Bindung zur Hausbank nimmt immer weiter ab. Im Kampf um die Kundentreue werden Wettbewerber folglich zu einer zusätzlichen Herausforderung. Für den Sparkassensektor zählen dazu etwa die Direktbanken im Girobereich oder die stetig wachsende Zahl der Neobroker, wenn es um Wertpapiere geht.

Trendthemen der Generation Z

Hier für den Kunden attraktiv zu bleiben, ist nicht einfach. Die Generation Z, die keine Zinsen mehr kennt und die Dotcom- und Finanzkrise nicht (bewusst) miterlebt hat, ist gegenüber Wertpapieren offener und auch an Assetklassen wie Kryptowährungen oder NFTs interessiert. Nachhaltigkeit ist ebenfalls mehr als nur ein Trendthema für sie und steht höher im Kurs als bei vorherigen Generationen. Es ist also besonders wichtig, diese Zukunftsentwicklungen nicht zu verpassen und das Produktangebot laufend an Kundenbedürfnisse anzupassen.

Wie alle Sparkassen setzt auch die Sparkasse Paderborn-Detmold auf eine kundenzentrierte Vertriebsstrategie mit dem Ziel, frühzeitig und laufend Kundenbedürfnisse und -probleme zu analysieren sowie entsprechende Lösungen darzubieten. Und zwar auf dem Kanal, den der Kunde wünscht. Eine omnikanale Vertriebsstrategie soll allen Kunden eine möglichst hohe Gestaltungsfreiheit bieten.

Im Kampf um die Kundentreue werden Wettbewerber zu einer zusätzlichen Herausforderung.

Dabei hat sich diese Strategie in den letzten Jahren zunehmend weg von reinem Produktabsatz entwickelt. Vielmehr geht es heute darum, Problemlöser für den Kunden zu sein. „Der Wurm muss schließlich dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“ Diese Aussage von Herrn Prof. Dr. Helmut Thoma ist nicht umsonst viel zitiert.

Dies hat bekanntermaßen auch dafür gesorgt, dass sich das Filialnetz immer weiter dezimiert hat. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung wickelt der Kunde seinen Zahlungsverkehr bequem online ab. Die Filiale wird nur noch selten aufgesucht und wenn vorwiegend für komplexere Beratungsgespräche genutzt.

Beratung innovativer machen

Vertrieb findet zunehmend digital statt. Darauf muss sich eine Strategie einstellen. So werden auch im Sparkassen-Sektor Innovationszentren und mediale Kanäle ausgebaut, um der Nachfrage nach Online-Abwicklungen und digitalen Beratungsangeboten nachzukommen. Da Innovationszyklen immer kürzer werden, befinden wir uns im ständigen Wandel und müssen die Vertriebsstrategie immer wieder infrage stellen. Zum Beispiel sollten einzelne Vertriebseinheiten neu konzipiert werden, um weiterhin zukunftsorientiert aufgestellt zu sein.

Auch hat sich die operative Vertriebssteuerung insofern verändert, als dass der Berater nicht mehr der einzige Vertriebskanal ist. Dies macht die Arbeit in der Vertriebssteuerung umso interessanter. Ob per E-Mail, Online-Banking, Social Media, telefonisch, persönlich oder per Brief gilt es den Kunden zur richtigen Zeit über den richtigen Kanal zu erreichen.

Egal auf welchem Kanal, grundsätzlich sollte die Bedeutung des persönlichen Ansprechpartners keinesfalls unterschätzt werden. In der Corona-Pandemie haben digitale Beratungsangebote zwar stark zugenommen und Kunden wollen darauf natürlich nicht mehr verzichten. Doch auch das persönliche Gespräch vor Ort steht bei ihnen nach wie vor hoch im Kurs, besonders wenn die Beratung in einem neuen, modernen und innovativ eingerichteten Beratungszentrum stattfindet. Bietet man den Kunden beides an, bildet sich ein wirklicher Mehrwert.

Kunden zur richtigen Zeit am richtigen Ort erreichen

Um in Zukunft Kosten im Vertriebsmanagement von Banken zu reduzieren, sollte weniger in manuelle Prozesse und mehr in Künstliche Intelligenz und Automatisierung investiert werden. Gerade in den Bereichen Kundenselektionen oder Kampagnensteuerung könnte dies zu Effizienzsteigerungen führen. Vor allem der Direktvertrieb „am Berater vorbei“ bietet hier enormes Potenzial. Denn während der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Online-Filiale die Basis für Service- und Liquiditätsleistungen geworden ist. Auch das Online-Wertpapiergeschäft ist rapide gewachsen und Privatkredite werden immer häufiger online abgeschlossen. Einerseits können Erträge durch ein ebenso breites Online-Angebot gesteigert werden. Andererseits können Kosten eingespart und Beraterkapazitäten für komplexere Kundengespräche genutzt werden.

Eine omnikanale Vertriebsstrategie soll Kunden hohe Gestaltungsfreiheit bieten.

Erträge lassen sich neben dem Direktvertrieb über die Online-Kanäle und indirekt durch das Voranbringen und Umsetzen von Zukunftsthemen wie Krypto, Robo-Advisors oder NFTs generieren. Dabei ist die Datenqualität das A und O. Je höher die Qualität der Kundendaten, desto präziser können Kundenanalysen in der Vertriebssteuerung durchgeführt werden und Kunden folglich viel individueller angesprochen werden. Mithilfe von Data Analytics können Banken so den Kunden zur richtigen Zeit am richtigen Ort erreichen.

Durch die Nutzung sogenannter Scores lassen sich aus Kundendaten Affinitäten ableiten und kundenzentrierte Ansprachen aussteuern. Hat die Bank gewisse Insights aus dem Leben des Kunden, wie etwa die Geburt eines Kindes, können die Berater auf die frisch gebackenen Eltern zugehen, ihre Glückwünsche mitteilen und den Abschluss eines mitwachsenden Kontos suchen. Konkretes Wissen über solche beispielhaften Ereignisse steigert nicht nur die Vertriebsqualität, sondern schafft gleichermaßen eine hohe Kundenzufriedenheit und Kundenbindung.

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