Bei Wurst Willy gibt es nur eine Sorte Wurst, bei Audi nur Audi und bei der Genobank nur Genoprodukte*. Doch nirgendwo wird der Produktverkauf stärker angeprangert als in der Finanzindustrie.
Und das ist auch gut so, meint Karl Matthäus Schmidt auf der Jubiläumsveranstaltung „10 Jahre Beratung“ bei Cortal Consors. Zudem, so Schmidt, hinkt der Vergleich mit der Currywurst, denn wenn die nicht schmeckt merke ich dies sofort und kaufe dort nie wieder. Beim Finanzprodukt merke ich die Fehlberatung eventuell erst nach Jahren. Daher ist der Finanzkunde schutzbedürftig und daher bedarf die Finanzberatung der gesetzlichen Regulierung.
Schmidt gibt in Nürnberg selber zu, dass der Tipping Point – für die Honorarberatung weder erreicht noch überschritten ist. Seit 5 Jahren gibt es die Honorarberatung bei der quirin bank aus Berlin und der CEO ist nicht müde diese Form der Beratung mit missionarischem Eifer in Deutschland zu etablieren. In den USA hat der Markt der Honorarberatung ein Volumen von 15%, bis dahin ist in Deutschland noch viel Luft. Sicherlich hat Schmidt Recht, wenn er empfiehlt einen Umdenkprozess zu starten und der Bankbranche wieder einen ökonomischen Sinn zu geben. Ja, im Großen und Ganzen müssen wir wieder zurück zum Kunden statt über die Frage der Rettung von systemrelevanten Banken nachzudenken. Das Schmidt immer wieder die Strategie der Schwarzweißmalerei spielt und feststellt, dass alle Mitarbeiter bei Banken nur Produktverkauf machen und böse sind und „wir“ im Gegenzug die Guten sind, ist aus Sicht des Eigenmarketing nachvollziehbar. Bringt die Branche aber nicht weiter. Zum einen stimmt es faktisch nicht. Es gibt viele gute Berater bei Banken mit oder ohne Honorarberatung. Zum anderen hat die gesamte Branche ein Imageproblem und das gilt es auch gemeinsam zu lösen.
Internet hin oder her – auch in 10 Jahren, da war sich das gesamte Podium einig – wird es noch Beratung und Experten geben, denn gerade durch die steigende Flut von Informationen sind wir auf Experten angewiesen, die uns die Schlüsse aus den Informationen ableiten, die eine Maschine auch in 10 Jahren nicht finden wird, so Peter Wippermann, Trendforscher aus Hamburg. Bleibt die Frage offen, ob der Finanzkunde der Beratung in 10 Jahren einen Wert zuschreibt, den er bereit ist zu zahlen. Derzeit sieht es noch nicht danach aus.
* … was im Übrigen schon heute nicht für jede Genobank gilt!
Foto von malerapaso – www.istockphoto.de