Bankfilialen werden von ihren Kunden im Stich gelassen. Schließlich geht im Internet alles bequemer, schneller, leichter.
Der erste Handyvertrag, den wir damals unterzeichneten, war etwas ganz Besonderes. Wir waren fortan nicht nur immer und überall mobil erreichbar, wir hatten auch damals auch noch was in der Hand. Wir verließen das Geschäft mit einer kleinen Box aus Metall, in der sich alle Informationen und Daten rund um dieses kleine Gerät befanden. Das Handy öffnete uns die Tür zur Unabhängigkeit. Inwiefern man heutzutage von Smartphones unabhängig ist, ist ein eigenes Thema, doch ist man doch unabhängig von Ort und Zeit. Durch Mobile Shopping, Mobile Banking, Mobile Targeting kann man alles herausfinden, finden und kaufen, was man braucht, jederzeit. Ein Zustand, der Retail obsolet macht.
Da ist es wenig überraschend, dass Kunden affiner gegenüber dem Online-Banking sind. Nach einer Umfrage des Bankenfachverbands ist der Anteil der Nutzer des Online-Bankings um 9 Prozent auf 44 Prozent gestiegen. Das entspricht rund 60 Prozent der Internetnutzer. ING-Diba berichtet zudem von einer verstärkten Nutzung des Mobile Banking Angebots. Viele Bankkunden informieren sich verstärkt im Netz und schließen auch Verträge über Smartphone oder Tablet-PC ab, anstatt in die Filiale zu gehen. Für Banken heißt es, dass die Kosten höher sind als der Umsatz. Denn je weniger Kunden in die Filiale kommen, desto weniger Verträge werden vor Ort abgeschlossen und die Filiale wird geschlossen. Man muss den Kunden letztendlich einen Anreiz bieten, in die Geschäftsstelle der Bank zu gehen.
Wenn man heute einen Bausparvertrag in der Bank abschließt, dann kriegt man im besten Fall einen Ausdruck. Normalerweise aber erst später einen Brief per Post zugesandt. Man hat nichts in der Hand. Und so hat man beim Bankberater seine Unterschrift an drei angekreuzten Punkten gesetzt und wenig später vergessen was man überhaupt gemacht hat.
Die Volksbank Hildesheim, eine deutsche Genossenschaftsbank, setzt auf ein klassisches Prinzip: Alt trifft Neu. In Kundennähe eröffneten sie 2011 eine Zweigstelle, die anders als alle anderen Filialen ist. Der Mut zur Innovation hat sich ausgezahlt. Die „Bank am Moritzberg“ auf dem Phoenix-Gelände in Hildesheim erhielt von einem Bankenfachmagazin die Auszeichnung „Geschäftsstelle des Jahres 2013“. Damit kann sie sich über ihr herausragendes Geschäftsstellenkonzept freuen. Dieses besticht durch eine altbewährte Devise, die jeder der jemals D2 Kunde war noch kennen sollte. Jeder Kunde erhält eine blau-orange-farbene Starterbox mit laufenden Angeboten. Die Box enthält Informationen zum Starter-Girokonto, Kreditkarten, Finanzierung von alternativer Energie und Kontaktdaten des Kundenberaters sowie einen Feedbackbogen über die Kundenzufriedenheit. Die Idee der Boxen wird auch in den Leuchtboxen an der Decke und den Dialogmöbeln fortgesetzt. Die Tische sind mit integrierten Flachbildschirmen ausgestattet und ein „Boulevard der Wünsche“ präsentiert die Produkte leitet die Besucher an den richtigen Ort. Das Bankgeschäft wird zum Erlebnisausflug. Es wird zumindest das Gefühl vermittelt, man wäre nicht in einer Bank, sondern in einem hippen Elektronik Store, an dem die Kunden sogar nachts Schlange stehen.
Die Deutsche Bank begann schon 2007 mit der modernen Umwandlung. Mit der Q110 in Berlin wollten sie den Zeitgeist treffen und haben eine Filiale ohne Barrieren, ohne Counter und Kontakt auf Augenhöhe eröffnet. Die Bank bietet neben einem überdimensionalen Tablet-Tisch, einen Trendshop, eine Kindertagesstätte und eine Lounge. So wird Freizeit mit Geschäftlichem verbunden.
Andere Banken folgen diesen Beispielen. Die Commerzbank, die rote Zahlen schreibt und mit Problemen kämpft, investiert rund eine Milliarde Euro in ihr Netz und den Umbau des Privatkundengeschäfts. Das Ziel ist es, die Kunden aus anderen Gründen in die Bank zu locken als für das alltägliche Bankgeschäft: Für einen Kaffee oder lockeren Spielchen auf den Tablet-Tischen. Die Filiale stirbt also doch nicht. Oder?