Das Klischee, Frauen können schlechter einparken als Männer, ist glücklicherweise widerlegt. Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern existieren dennoch. Sie werden nicht zuletzt im Beratungsgespräch mit dem Vermögensverwalter deutlich.
Beim Thema Geldanlage entscheiden sich Männern und Frauen für abweichende Anlagestrategien. Während Frauen deutlich sicherheitsorientierter sind, nehmen Männer tendenziell ein höheres Risiko in Kauf. Ein Vergleich der Wertpapierarten im Depot der beiden Geschlechter zeigt, dass Männer mehr Aktien besitzen (53,3 Prozent) als Frauen (48,8). So ergab die „Männer-Frauen-Studie 2012“ der DAB Bank. Im Gegensatz dazu haben Frauen mit 35,4 Prozent einen größeren Anteil bei Investmentfonds. Männer investieren hingegen 31,6 Prozent ihres Depotvolumens in Investmentfonds. Die spekulativen Optionsscheine machen das differente Anlageverhalten ebenfalls sichtbar. Tatsächlich haben Männer einen doppelt so hohen Anteil (0,8 Prozent) an Optionsscheinen. Zwar gehen Männer und Frauen nicht dasselbe Wagnis ein, dennoch kommen sie am Ende zum selben Erfolg, jeder auf seine eigene Weise. Im Jahr 2012 betrug die Rendite jeweils 7,7 Prozent. Lediglich eine nähere Betrachtung der zweiten Nachkommastelle zeigt, dass Männer knapp vorne liegen.
Die unterschiedlichen Wege führen also zu ähnlichen Erfolgen. Im Hinblick auf Beratungsgespräche ergeben sich entsprechende Anforderungen. Viele Kundenberater haben längst noch kein Gespür dafür entwickelt, dass Frauen eine andere Ansprache benötigen als Männer. Frauen bevorzugen ausführliche Informationen sowie ein hohes Maß an Transparenz und Ehrlichkeit. So ist es wichtig, dass Berater sich ausführlich Zeit nehmen, um über Produkte und Risiken aufzuklären. Berater müssen entschlüsseln, ob sich ihre Kundinnen unsicher fühlen oder unentschieden sind. Im Fokus sollte daher stehen ihre Bedenken zu beseitigen. Weibliche Kundinnen treffen ihre Entscheidungen mit Bedacht und beziehen eine defensive Position im Beratungsgespräch. Ihre Priorität liegt klar auf einer stabilen Rendite, statt auf schnellen Gewinnzuwächsen. Neben fachlichem Wissen ist hier insbesondere soziale Kompetenz gefragt. Egal, ob privat oder geschäftlich. Frauen wünschen sich verstanden zu werden, sei es vom Partner oder eben vom Vermögensverwalter. Auf dieser Grundlage entstehen vertrauensvolle Beziehungen.
Zu einem professionellen Gespräch gehört es auch die momentane Lebenssituation der Kundinnen zu erfassen. Wie sehen ihre kurz-, mittel- oder langfristigen Pläne aus? Welche Ziele verfolgen sie? Welche Wünsche begleiten sie auf ihrem Weg? Anders als früher sind Lebensentwürfe heute vielfältiger, bunter und freier. Gerade dieser Reichtum an Möglichkeiten erfordert ein genaues Zuhören und eine individuelle Analyse der Situation. Allerdings ist die vollkommen freie Wahl der beruflichen und privaten Lebensentwürfe für Frauen, in einigen Bereichen der Gesellschaft, noch nicht verwirklicht. Die Partner- und Elternschaft ist keineswegs gleichberechtigt, was sich wiederum auf die Beteiligung am Erwerbsleben auswirkt.
In der Tat verlaufen die Lebensphasen von Frauen sehr viel heterogener, als die von Männern. Im Hinblick auf die Familiengründung unterbrechen Mütter häufig ihre Erwerbstätigkeit oder gehen einer Teilzeitbeschäftigung nach. Gerade bei Kindern unter drei Jahren waren ein Drittel (31 Prozent) der Mütter in einem Beschäftigungsverhältnis, so zeigt eine Studie des Statistischen Bundesamts (Frauen und Männer in verschiedenen Lebensphasen 2010). Mit zunehmendem Alter der Kinder nimmt die weibliche Erwerbsbeteiligung wieder zu. Für Väter hingegen scheint die Familienplanung nur vereinzelt einen Einfluss auf ihre Berufsleben zu haben. Demnach übten 84 bis 86 Prozent der Väter durchgängig einen Beruf aus, je nach Alter des jüngsten Kindes. Ein Blick auf den Anteil der Teilzeitbeschäftigten zeigt, dass Männer kaum in Teilzeit arbeiten. 6 Prozent der Väter mit Kindern unter drei Jahren arbeiteten in Teilzeit. Die Teilzeitquote bei Müttern hingegen lag bei 73 Prozent, heißt es weiter in der Studie.
Das Prinzip der Gleichstellung erfüllt sich nur langsam und so variiert das Einkommen von Frauen im Laufe ihres Lebens häufig. Sie verzichten auf Verdienst und ihre Rentenansprüche sinken. Gerade im Hinblick auf die Alterssicherung ergibt sich ein spezieller Beratungsbedarf. Die Anlagestrategie und das Produktportfolio müssen auf die Bedürfnisse der Anlegerinnen zugeschnitten sein – sie benötigen flexible Wahlmöglichkeiten, je nach Lebenssituation.
Die Kreissparkasse Augsburg hat die Zeichen der Zeit schon längst erkannt und sich mit ihrer eigens auf Frauen abgestimmten Beratung einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Der Fokus liegt dabei auf der Finanz- und Vorsorgeplanung. Für ihr Engagement wurde sie sogar mit dem Qualitätssiegel des Frauenfinanzportals finanziella ausgezeichnet. Festlegen, ob Frauen besser von Frauen beraten werden, möchte sich Gertrud Grießer, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Augsburg nicht. „Wir haben das Projekt zwar zunächst mit Beraterinnen begonnen, weil Frauen nun einmal die weiblichen Lebenswelten am besten kennen. Inzwischen sind aber auch Männer im Team, sagt sie gegenüber finanziella. „Manche Kundinnen legen sogar Wert darauf, von einem Mann beraten zu werden“, sagt Grießer weiter. Das Geschlechterverhältnis in Bankberufen ist ohnehin relativ ausgeglichen (Männer:45,7 Prozent/Frauen: 54,3 Prozent), heißt es in einer Erhebung des Statistischen Bundesamts. Allerdings gilt dies nicht für die männlich dominierte Führungsebene. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum das Thema Beratung für Frauen so wenig Beachtung findet.
Frauen sind eine reizvolle Zielgruppe. Sie treffen 80 Prozent der Kaufentscheidungen, lautet die Studie „Women of Tomorrow“ (2011), des Marktforschungsinstituts Nielsen. All diese Frauen befinden sich in einer unterschiedlichen Lebensphase. Mit einer differenzierten Zielgruppenansprache bietet sich für Banken eine große Chance, das Vertrauen ihrer Kundinnen zu gewinnen. Dabei müssen Berater nicht die Psyche der Frau ergründen, sondern richtig Zuhören und deren Bedürfnisse (er)kennen.