Die Commerzbank schließt 400 Filialen, die Deutsche Bank möchte 2021 rund 50 Postbank-Filialen schließen – solche Meldungen häufen sich derzeit. War die Bankbranche beziehungsweise das Filialnetz bereits vor der Corona-Krise in einem enormen Umstrukturierungsprozess, hat COVID-19 auch hier noch einmal für Beschleunigung gesorgt. Da aufgrund der Hygienevorschriften Filialen geschlossen blieben, haben zum Teil auch ältere Kunden die digitalen Alternativen für sich entdeckt. Das gilt für Zahlungsverkehr und für Beratungsleistungen gleichermaßen.
Conversational Banking liegt wieder (oder immer noch) im Trend – und hat mit einem Schubs durch die Krise einen ordentlichen Schritt nach vorne gemacht. Unter Conversational Banking ist die Gesamtheit aller digitalen Interaktionsmöglichkeiten einer Bank mit ihren Kunden zu verstehen. Das kann per Video, per Audio oder über Robotertechnologie geschehen.
Denn Beratung hat sich verändert und tut es nach wie vor. Bei kleineren Anliegen ist für viele der Gang in die nächste Filiale zu aufwendig, zumal die nicht immer so ganz um die Ecke liegt. In entlegeneren Stadtteilen und kleinen Orten findet sich manchmal nur noch ein Servicepoint, an dem man gegebenenfalls noch nicht einmal mehr Geld einzahlen kann. Stattdessen setzen viele Banken derzeit auf große Flagship-Filialen. Die Zeit wird zeigen, ob das die richtige Strategie ist. Doch Fakt ist, dass der mehr oder minder digital-affine Kunde von heute seine alltäglichen Anliegen ohnehin selbst online erledigen kann, entsprechende Lösungen bieten die Banken ja schon lange an.
Beratung: Ja! Aber wo?
Allerdings ist der Bedarf an Beratung mitnichten hinfällig geworden, auch nicht bei jüngeren Kunden. Gerade sie sind oft noch unsicher und möchten bei wichtigen Abschlüssen eine umfassende Beratung haben. Gleiches gilt etwa auch für Kunden mit Fragen zu Geldanlagen und Vermögensverwaltung.
Kommen Sie dafür in die Filiale? Manchmal. Manchmal möchten sie solche Dinge aber auch möglichst schnell und einfach geklärt haben. Der Kunde von heute steht auf Bequemlichkeit. Zur sogenannten Customer Convenience gehört es auch, dass er (s)einen Bankberater auf verschiedenen, im Idealfall allen, Kanälen erreicht, die er auch privat nutzt. Das heißt konkret: Neben den als „klassisch“ zu bezeichnenden Kanälen Telefon und E-Mail auch auf Social-Media-Plattformen, Messenger-Diensten, Finanzdienstleistungsapps oder per Live-Chat-Funktion. Auch Videoberatungen sind nichts wirklich Neues mehr und werden von Kunden als Basis-Serviceleistung angesehen.
Erfolg im Conversational Banking
Im Conversational Banking sind Banken nicht ganz so weit wie bei Online-Services. Besonders die interne Vernetzung dieser Kanäle beziehungsweise der Anfragen und Daten, die dort eingehen, bereitet ihnen nach wie vor Probleme. Hinzukommen Compliance-Anforderungen wie die Dokumentation der Interaktionen, die über Messenger-Dienste nicht ohne weiteres erfüllt werden können. Darüber hinaus muss der Datenschutz gewährleistet sein, Sicherheit hat die höchste Priorität. Dafür sind WhatsApp und Co. eher nicht bekannt.
Da ist eine eigens zugeschnittene und leicht verständliche Smartphone-App für Conversational Banking der bessere Weg, die kann dann so programmiert werden, wie die Bank es braucht – den Speicherplatz auf dem Handy haben die Kunden ohnehin. So kann auch die Abwicklung medienbruchfrei gestaltet werden und das kommt nicht nur gut beim Kunden an, sondern wird im Prinzip erwartet.
Daneben sollte auch darauf geachtet werden, dass Chat- und News-Feed-Funktionen eingerichtet sind. So kann der Kunde seine Daten sowie alle relevanten Informationen auf einen Blick sehen und Fragen stellen, sobald sie aufkommen. Umgekehrt muss der Berater die Kundendaten auf einen Blick oder besser auf einen Klick an einem Ort gesammelt finden können. Denn suchen kostet Zeit und der Kunde muss länger warten. Das Ganze ist natürlich im Idealfall KI-gestützt. Eine solche App ist eine Investition – eine Investition, die sich höchstwahrscheinlich aber schnell auszahlt.
Conversational Banking: Vorteile für Bankmitarbeiter
Beim Conversational Banking sollte jedoch auch nicht nur an den Kunden gedacht werden. Wichtig ist auch, dass der Bankberater nicht zu kurz kommt. Die Tools und Apps müssen so gestaltet sein, dass sie auch für die Mitarbeiter im Vertrieb gut und einfach zu bedienen sind. Kurzum: Sie sollten ihn bei seiner Kundenberatung optimal unterstützen.
Grundsätzlich hat Conversational Banking auch für Bankberater enorme Vorteile: Kurze Zwischenfragen können schneller beantwortet werden und brauchen keine langen Gespräche. Teilweise übernimmt auch ein Robo Advisor diese Anfragen. Das alles schont Ressourcen und schafft Zeit für andere Aufgaben – wie ein persönliches Beratungsgespräch zu komplexen Themen wie Vermögensberatung. Wobei sich auch in der Vermögensberatung Conversational Banking durchsetzt.
Conversational Banking ist ein guter Weg, die Kunden auf den digitalen Kanälen zu erreichen und so die Kundenbeziehung nach wie vor aufrecht zu erhalten – und sogar zu intensivieren. Wenn die Hürde so klein ist, wird der Kunde sich vielleicht öfter an den Berater wenden und in einer anderen Frequenz mit ihm austauschen. Das sorgt für Vertrauen. Umgekehrt erreicht auch der Bankberater seine Kunden einfacher und die Kundenansprache kann individualisiert werden. Massenschreiben gehören dann endgültig der Vergangenheit an.
Und dann heißt es für Banken eigentlich nur noch: Auf Conversational Banking setzen und up to date bleiben, denn mit Sicherheit tüftelt schon jemand am nächsten digitale Interaktionskanal.
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