Hübsch anzusehen sind sie, gut riechen tun sie auch, ihre Farbvielfalt ist atemberaubend – doch als Spekulationsobjekt eigenen sich Tulpen eher weniger. Das zeigte sich im 17. Jahrhundert mehr als deutlich.
Bei Tulpen denkt man vielleicht zuerst an prachtvolle Felder in den Niederlanden: Die Blumen und das Land sind eng verknüpft. Eigentlich stammen sie aber aus dem Mittelmeerraum beziehungsweise dem Osmanischen Reich. Ursprünglich wurde die Pflanzengattung von den Persern und dann von den Türken kultiviert. Erst über Zwischenstationen kam sie dann nach Westeuropa und in die Niederlande.
Wie sehr Tulpen nicht nur in der niederländischen Bevölkerung verehrt wurden, zeigt sich vielleicht am deutlichsten daran, wie oft die Blume von Malern „porträtiert“ worden ist. Sie stand für Meister wie Vincent van Gogh, Paul Cézanne oder August Macke „Modell“.
Die Niederlande in der Blütezeit
In den Niederlanden blieb es aber nicht dabei, die Pflanzen als ästhetische Anschauungsobjekte zu betrachten. Dass man sich hier in den Handel mit den Tulpenzwiebeln stürzen konnte, lag vor allem an der wirtschaftlichen Situation. Das kleine Land war zu einer der größten Handels- und Kolonienationen der Welt geworden.
Die Ende des 16. Jahrhunderts gegründete „Republik der Sieben Vereinigten Provinzen“ erlebte eine Zeit des ökonomischen, kulturellen und politischen Aufschwungs. Es sollte das Goldene Zeitalter für das Land werden: Kolonien wurden erobert, die Ostindien-Kompanie wurde gegründet und eifrig Handel getrieben.
So kam es von der Blüte- zur Blumenzeit. Prachtvolle und große Gartenanlagen galten nicht erst seit gestern als schick und jeder wollte mit den edelsten Pflänzchen zeigen, was er hatte. Die Tulpe wurde zum Statussymbol.
Tulpenfieber
Schon bevor sie im Königreich Oranje nahezu Kultstatus erlangte, galt sie als eines der edelsten Gewächse. Doch dass einmal einige Tulpenzwiebeln einen Gegenwert von einem ganzen Haus in Amsterdam haben würden, hatte man nicht ahnen können. Aber genau das passierte Anfang des Jahres 1637.
Wie konnte es dazu kommen? Der Grund ist eigentlich biologischer Natur: Tulpen haben ein langsames Wachstum und die Zahl der züchtbaren Pflanzen ist begrenzt. Zumal eine Diskrepanz zwischen ganzjähriger Nachfrage und saisonalem Gut besteht.
Doch die Nachfrage ließ nicht nach – im Gegenteil: Der Run auf die Blumen nahm extreme Ausmaße an. Die Formel von Angebot und Nachfrage griff und die Preise schossen in die Höhe.
Die Schönste im ganzen Land
Der direkte Handel hatte ausgedient und Spekulationsgeschäfte wurden zur Tagesordnung. Auch noch nicht gekeimte Zwiebeln wurden auf Auktionen versteigert. Fast jeder schien dem Wahn der Pflanzen verfallen zu sein und versuchte sich als Spekulant. Zu verlockend war der schöne Traum vom plötzlichen Reichtum durch den Handel mit den edlen Zwiebeln. Das „Tulpenfieber“ griff beinahe wie eine echte Krankheit um sich.
Immer größer wurde die Gier der Glücksritter und auf den Auktionen ging es immer verrückter zu. So kam es, dass die „Schönste im ganzen Land“, die Zwiebelsorte „Semper Augustus“, angeblich einen Gegenwert von einem ganzen Haus hatte.
Und so platzt die Blase nunmal…
Der Tulpenwahn(sinn) erreichte am 5. Februar 1637 seinen Zenit. Händler bezahlten an einem Auktionstag umgerechnet beinahe 1 Million Euro. Wenig überraschend kam bald darauf der tiefe Fall – die Blase platzte. Erste Warnsignale waren schon zwei Tage zuvor zu vernehmen. In einem Wirtshaus in Haarlem konnten erstmals Zwiebeln nicht verkauft werden. Niemand wollte mehr etwas von den schönen Blumen wissen – alle wollten sie nur noch loswerden. Am 7. Februar stürzten die Preise dann rapide in den Keller.
Sogar die Regierung musste eingreifen, da viele Spekulanten fast ihren ganzen Besitz verloren hatten. Die Niederlande waren vom Tulpenfieber geheilt. Der Begriff „Tulpenfieber“ wird mittlerweile allgemein für überschwängliche oder waghalsige Entwicklungen im finanziellen Bereich gebraucht.
Das Platzen der Tulpenblase gilt als erster gut dokumentierter Börsencrash der Menschheitsgeschichte. Der spektakuläre Crash bildet eine hervorragende Kulisse für populärkulturelle Adaptionen. Am bekanntesten ist sicherlich Deborah Moggachs Roman „Tulpenfieber“, der 2017 mit Alicia Vikander und Christoph Waltz in den Hauptrollen verfilmt wurde. Hier stehen aber weniger die Blumen als vielmehr die private Krise eines Ehepaars im Vordergrund.
Heinz Eduard Jacob verfasste „Der Tulpenfrevel. Ein Schauspiel in fünf Akten“ und auch in der deutschen TV-Geschichte findet sich der historische Stoff: „Adrian der Tulpendieb“ ist die erste in Farbe gedrehte deutsche Serie.
Klar ist aber: Als reales abschreckendes Beispiel dient der Blumencrash nicht. Ähnliche Abläufe lassen sich nämlich unter anderem bei der Dotcom- oder der Bitcoin-Blase erkennen. Dies erläutert auch Torsten Dennin in seinem Buch „Von Tulpen zu Bitcoins“ (die Rezension zum Buch finden Sie hier). Er unternimmt eine Reise durch die Geschichte der Boom-und-Bust-Zyklen der Geschichte.
Daily-Highlights: Sie möchten mehr von unseren Dailys? Dann lesen Sie hier mehr über die Geburt und das Leben von Alfred Herrhausen oder darüber, was Scrum eigentlich ist!