Multilaterale Finanzinstitute gibt es einige, darunter etwa die Weltbank und den IWF. Inspiriert von dem Ökonomen Mark Weisbrot stellte Venezuelas Präsident Hugo Chávez im Jahre 2004 die Idee einer südamerikanischen Alternative in den Raum, um den Weg in die Unabhängigkeit zu ebnen. Der Vorschlag fand im Nachbarland Argentinien schnell Anklang. Im Februar 2007 legten Chávez und der argentinische Präsident Néstor Kirchner im „Memorandum of Understanding“ dann den Grundstein für die Banco del Sur (die Bank des Südens) sowie für die verstärkte Zusammenarbeit beider Länder.
Die Zentralbanken Venezuelas und Argentiniens stellten dem Finanzinstitut acht Milliarden US-Dollar Startkapital zur Verfügung. Kurz darauf unterschrieben Bolivien, Ecuador, Paraguay und wenig später auch Brasilien die Absichtserklärung über die Gründung einer Bank des Südens. Damit erhöhte sich das Anfangskapital auf 20 Milliarden US-Dollar. Anders als bei traditionellen multilateralen Kreditinstituten sollten die internen Entscheidungen der Bank des Südens nicht von der ökonomischen Macht des jeweiligen Staates abhängen. Stattdessen sollte jeder Mitgliedsstaat eine gleichwertige Stimme haben. Am 9. Dezember 2007 unterzeichneten die Vertreter der sieben Mitgliedsstaaten den offiziellen Gründungsvertrag.
Keine klare Linie
Aufgrund von Unstimmigkeiten, was Aufbau und Funktion der Bank betrifft, kam es bisher jedoch zu keinem offiziellen Start der Banco del Sur. So wollte Venezuela die Form der Kreditvergabe, wie sie etwa die Weltbank handhabt, ändern. Dieses Vorhaben stieß etwa in Brasilien auf wenig Begeisterung. Auch entwickelten sich in einigen Staaten Alternativen, welche die ursprünglichen Funktionen der Bank des Südens abdecken. So ist zum Beispiel Brasilien bereits Teil der New Development Bank (NDB), die das Land mit den anderen BRICS-Staaten Russland, Indien, China und Südafrika gründete.
Bolivien, Ecuador und Venezuela hingegen haben 2016 Kommissionen eingerichtet, um die Banco del Sur voranzutreiben. Sie sind es auch, die die Rahmenbedingungen ausarbeiten. Ecuador hat hier aufgrund von Eigeninteressen die Führung übernommen. Da das Land den US-Dollar als offizielle Währung wählte, sind sie stark abhängig von den Entscheidungen der US-amerikanischen Federal Reserve. Mit einer erfolgreichen Umsetzung der Bank des Südens könnte sich Ecuador davon lossagen.
Auch wenn die Bank viele Ziele verfolgen sollte, von denen die Mitgliedsstaaten profitiert hätten, ist es auch 2022 unklar, ob sie jemals den offiziellen Betrieb als Entwicklungsbank und Gegengewicht zu anderen multilateralen Finanzinstituten aufnimmt.
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