Zeiten ändern sich. Dieser berühmte Satz kann problemlos auf die derzeitige Situation für den Markt der externen Kreditanalyse übertragen werden.
Als Mitarbeiter einer Bank denkt man bei dem Stichwort „Outsourcing“ sicherlich zuerst an Themen wie IT oder Zahlungsverkehr. Einsparung von Personalkosten durch Verlagerung an Standorte im Ausland oder auf reine Servicegesellschaften außerhalb der Banken-Tarifverträge spielen dabei eine Rolle, aber – jedenfalls bei kleineren Häusern – auch die Vorteile aus der Spezialisierung auf Teilprozesse mit speziellem Knowhow und der besseren Auslastung bei Bedarfsschwankungen.
Im Zusammenhang mit Kreditanalyse ist Outsourcing bisher nur selten zu beobachten, abgesehen von der leicht standardisierbaren Tätigkeit der Bilanzeingabe. Dies liegt vermutlich an erster Stelle an den hausinternen Standards für die Anfertigung von Kreditanalysen, die Außenstehenden nicht so ohne Weiteres vermittelt werden können. Auch die bankaufsichtlichen Anforderungen an „wesentliche Auslagerungen“ (MARisk) mögen für viele Institute abschreckend wirken.
Kann Outsourcing Kostenvorteile schaffen?
Außerdem stellt sich die Frage, ob durch Outsourcing überhaupt Kostenvorteile entstehen können. So dürfte z.B. bei der Vergabe von Konsumentenkrediten, bei der traditionell auf standardisierte Scoring-Verfahren gesetzt wird, kaum noch Spielraum für weitere Rationalisierung bestehen. Bei Großkunden kann man sich fragen, ob angesichts der Fülle öffentlich verfügbarer Informationen (etwa Ratingagenturen, Branchenanalysen) die interne Kreditanalyse nicht sowieso auf ein Minimum zusammengestrichen werden kann.
Potenziale für Outsourcing erkennbar
In den Segmenten, in denen die Kreditanalyse weder durch standardisierte Verfahren noch mithilfe externer Berichte abgedeckt werden kann, lohnt sich dagegen ein genauerer Blick auf die Potenziale für Outsourcing; dazu zwei Beispiele:
1) Im Segment der Mittelstandsfinanzierung dürfte die Vertraulichkeit von Informationen, aber auch die enge Bindung an eine Hausbank, die Auslagerung bremsen. Skaleneffekte könnten hier allerdings im Rahmen von Gemeinschaftskrediten erzielt werden.
2) Das Segment der Projektfinanzierungen oder anderer strukturierter Produkte war früher auf wenige große Häuser beschränkt, die aufgrund ihrer Expertise die Kreditanalyse intern abdecken konnten. Im aktuellen Umfeld niedriger Kapitalmarktzinsen wird dieses Segment aber mehr und mehr interessant für andere Anleger – Versicherungen, Fonds, aber auch kleine und mittelgroße Institute – die sich auf dem Sekundärmarkt an solchen Transaktionen beteiligen wollen. Nachdem sich viele Anleger in der vergangenen Dekade mit solchen Produkten die Finger verbrannt haben, möchte man vielleicht nicht mehr ausschließlich auf den ursprünglichen Arrangeur, der das Produkt jetzt verkaufen möchte, oder auf Ratingagenturen vertrauen.
Wie ist nun mit den Befürchtungen umzugehen, die Aufsicht würde der Auslagerung von Kreditanalysen zu hohe oder gar unüberwindliche Hürden in den Weg stellen? Die MARisk stellen zwar in AT 9 je nach Bedeutung für den Geschäftsprozess unterschiedliche Anforderungen, verbieten aber selbst „wesentliche Auslagerung“ mit „erheblicher Tragweite“ nicht grundsätzlich.
MARisk verbietet kein Outsourcing
Allerdings muss das auslagernde Institut im Vorfeld sorgfältig die Dienstleistung spezifizieren, im laufenden Prozess die Qualität der erhaltenen Produkte überwachen und den ausgelagerten Teil im eigenen Risikomanagement integrieren. Im Grunde genommen sind diese Anforderungen aber auch dann zu erfüllen, wenn die Kreditanalyse hausintern erbracht wird. In einem Zeitalter, in dem das Prozessieren von Vorlagen und die Aktenführung fast ausschließlich elektronisch stattfinden, ist die Überwachung der Schnittstellen zu anderen Unternehmen auch keine fundamentale Herausforderung mehr.
Fazit: In einigen Segmenten dürfte sich in den nächsten Jahren ein großer Markt für externe Kreditanalyse entwickeln.
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