Risikoorientierte Geldpolitik erweist sich als Fehler

Von Stefan Hirschmann – DÜSSELDORF, 20.11.2008 – Die Amerikaner haben gewählt. Und die Weltbegeisterung für Barack Obama ist allenfalls vergleichbar mit der „Gorbimania“ bei der Ernennung von Michael Gorbatschow zum sowjetischen Präsidenten. Demzufolge sind die Erwartungen an den neuen Präsidenten der USA besonders hoch. Dies gilt jedoch auch für die politischen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick…


Von Stefan Hirschmann – DÜSSELDORF, 20.11.2008 – Die Amerikaner haben gewählt. Und die Weltbegeisterung für Barack Obama ist allenfalls vergleichbar mit der „Gorbimania“ bei der Ernennung von Michael Gorbatschow zum sowjetischen Präsidenten.

Demzufolge sind die Erwartungen an den neuen Präsidenten der USA besonders hoch. Dies gilt jedoch auch für die politischen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf den fundamentalen Umbruch in den Finanzmärkten und der Weltwirtschaft. „Dennoch kann das kommende Jahrzehnt ein goldenes Zeitalter werden, sofern wir es schaffen, uns rechtzeitig auf die Rahmenbedingungen einzustellen“, sagt Dr. Holger Schmieding, Europa-Chefvolkswirt der Bank of America. Doch die derzeitige Situation könnte schlechter kaum sein. Die Kapitalmärkte sind bekanntlich im September 2008 weitgehend außer Kontrolle geraten, wofür Schmieding vor allem die Ölkrise, geldpolitische Fehler der Zentralbanken (Zinserhöhung trotz Stagnation) sowie die Insolvenz von Lehman Brothers verantwortlich macht. Durch die Lehman-Pleite und den Zusammenbruch von Washington Mutual sei die Finanzkrise auf die Realwirtschaft übergeschwappt. „Es sieht so aus, als handele  es sich nun um eine relativ starke Rezession“, so Schmieding im Rahmen des Düsseldorfer Finanz Forums. Die Basis des derzeitigen Debakels habe die Federal Reserve unter Ben Bernanke und Alan Greenspan mit einer risikoorientierten Geldpolitik gelegt, die genau das falsche Signal für die Marktteilnehmer gewesen sei. „Der aktuelle Wirtschaftsausblick ist düster. Bei einem nächstjährigen Wirtschaftswachstum in Deutschland von Null bestünde Anlass, eine große Party zu feiern“, so Schmieding. Wahrscheinlicher sei allerdings ein Minus um die zwei Prozent. Als Gegenmaßnahme empfiehlt der Ökonom ein internationales Fiskalprogramm. Zudem müssten die Risikosteuerungsmodelle und Vergütungssysteme in den Kreditinstituten neu ausgerichtet werden. Die Liquiditätsspritzen der Zentralbanken sowie jüngst aufgelegten Bankenstabilisierungsprogramme seien trotz kleinerer Fehler gut und notwendig. Der geldpolitische Impuls sei der scharfen Rezession angemessen. Ehe der Weg aus der Krise überzeugend gefunden sei, werde es voraussichtlich bis Herbst 2009 dauern. „Wir brauchen Fiskalpolitik“, meint Schmieding. Die Negativeffekte sind allerdings nicht zu übersehen. In den USA rechnet die Bank of America mit einem baldigen Staatsdefizit von 1 Bio. USD. Die Gefahr einer Depression ist durchaus real. Doch in der Regel folgt jeder Krise auch eine Zeit des Aufschwungs. Dabei dürfte der angelsächsische Aufschwung im Gefolge der aktuellen Krise eher gedämpft ausfallen, während für Deutschland in zwei bis drei Jahren ein starker Wirtschaftsaufschwung zu erwarten steht, prognostiziert Schmieding. Eine Intensivierung der Regulierung erachtet der Ökonom dagegen nicht als probates Mittel zur Krisenbehebung.