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Guten Morgen, heute ist Mittwoch, der 28. Juli 2010 ! Basel III: Neue Eigenkapitalvorschriften unterstützen die gute Marktstimmung zusätzlich Amerika II: Nach dem Aufschwung kommt die Ernüchterung – weiterhin enttäuschen die meisten Daten Deutschland I: Ifo über 100 Punkte, Inflation bei 1% – so lässt es sich leben Moderne Firewalls geben ihr Bestes, aus der…


Guten Morgen, heute ist Mittwoch, der 28. Juli 2010 !

  • Basel III: Neue Eigenkapitalvorschriften unterstützen die gute Marktstimmung zusätzlich
  • Amerika II: Nach dem Aufschwung kommt die Ernüchterung – weiterhin enttäuschen die meisten Daten
  • Deutschland I: Ifo über 100 Punkte, Inflation bei 1% – so lässt es sich leben

Moderne Firewalls geben ihr Bestes, aus der Masse der eingehenden E-Mails die Spreu vom Weizen zu trennen. Jährlich werden 62 Billionen Spam E-Mails durch das Netz geschickt. 97 Prozent des gesamten E-Mail Volumens besteht aus Spam und es kostet jedes Jahr 100 Milliarden Stunden Arbeitszeit zum Sichten und Löschen der Spams. Eigentlich verwunderlich, dass wir überhaupt noch Zeit finden, irgendetwas anderes zu tun. Gestern schaffte es bei mir mal wieder eine Spam durch alle Filter hindurch auf meine Inbox. Und versehentlich öffnete ich diese sogar. Und, oh welch Glück, ich bin reich! "Es ist offensichtlich, dass diese Mitteilung an Sie kommen als Überraschung", teilt mir dort ein gewisser "Microsoft" mit. "Wir Sie beglückwünschen über Ihren Erfolg in der folgenden amtlichen Veröffentlichung Ergebnisse der E-Mail elektronische Online-Gewinnspiel […] für die Zahlung von 615,810 Euro wird Ihnen bezahlt werden." Ich soll jetzt meine Handy-Nummer an die "Euro Global & Finance Bank" senden (hat die eigentlich am Stresstest teilgenommen?), dann würde mir das Geld "sofort" auf mein Konto überwiesen. Toll, die können aus meiner Telefon- meine Kontonummer ableiten. Die moderne Technik ist einfach klasse…

Einige Bankvorstände dachten wohl auch zuerst an eine Spam-Nachricht, als sie am Montag Abend ihre Emails kontrollierten. Hieß es da doch, die Eigenkapitaldefinierer aus dem III. Bezirk in Basel hätten sich auf neue Definitionen geeinigt. Und nicht nur das: Die als "Reform" verkauften Feinjustierungen seien moderater ausgefallen als ursprünglich angedacht (vgl. Purps et al. [1979-2010], "Das Kapital"). Nach meiner überschlägigen Rechnung erhöht sich aufgrund der neuen Regelungen das Basel-konforme Eigenkapital der 8 000 Banken in der Eurozone im Schnitt um genau 615,810 Euro… Nach dem Banken-Stresstest leiteten Anleger aus den neuen Kapitalvorschriften zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage Positives für die Bewertung von Bankaktien ab.

Und so waren es gestern die Anteilsscheine der Finanzinstitute, welche nach oben rauschend erneut für eine insgesamt positive Stimmung an den Finanzmärkten sorgten. Die vorläufige Bilanz nach Stresstest und Basel III: Die Aktienindizes stehen rund 2% höher als letzten Donnerstag, Bundesanleihen rentieren 10-15 Basispunkte höher, EUR-USD pendelt statt um die Marke von 1,29 jetzt um das Niveau von 1,30, die Renditeaufschläge von EWU Peripherie-Anleihen gegenüber Bunds haben sich um bis zu 25 Basispunkte eingeengt und im Unternehmensbereich sind die CDS Spreads massiv zurückgegangen.

Stellt sich die Frage, ob die Entwicklung der vergangenen drei Tage einen neuen Trend begründen oder lediglich eine Niveauverschiebung darstellen. Für die Trend-Annahme spricht, dass Stresstest und Basel III den Finanzsektor nachhaltig von Stress entlastet haben dürften. Für die Niveauverschiebungs-Variante spricht insbesondere, dass der Nachrichtenfluss aus Amerika sich zusehends eintrübt. Seit etlichen Wochen beziehen wir von dort fast ausschließlich unerwartet schwaches Datenmaterial. Gestern beispielsweise wurde ein deutlicher Rückgang im Konsumentenvertrauen veröffentlicht. Sämtliche regionalen Einkaufsmanager-Umfragen befinden sich im Sinkflug. Der Arbeitsmarkt kommt nicht auf die Beine. Es hat den Anschein, als würden die ehemals das Wachstum stimulierenden Effekte aus Konjunkturpaketen und Lageraufbau nicht in einen sich selbst tragenden Aufschwung münden. Reißerisch ausgedrückt: Die Double Dip & Deflation Diskussion bekommt stetig neue Nahrung. Weitere Hinweise in diese Richtung dürften die Aktienmärkte rasch wieder einbremsen. Heute gibt’s die Aufträge langlebiger Wirtschaftsgüter und das Beige Book der US Notenbank.

Ganz anders das Bild in Deutschland: Alle Daten signalisieren Boom-ähnliche Zustände. Leider gibt es dazu heute keine neuen Belege. Lediglich die Inflationszahlen werden veröffentlicht (mit einem konsumentenfreundlichem Niveau von lediglich 1,0%). Aber es ist ja kein Wunder, dass es hierzulande brummt: Wenn "Microsoft" so spendabel ist und ahnungslosen Bürgern mir nichts, dir nichts 615,810 Euro überweist, wer freut sich da nicht?

 

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Dies ist ein humoristischer Marktkommentar und keine Anlageberatung. Die Einschätzungen des Autors beruhen auf Informationen, die auf öffentlich zugänglichen, als verlässlich eingeschätzten Informationsquellen basieren. Weitere Informationen finden Sie im Disclaimer.
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Kornelius Purps
Fixed Income Strategist
Director
MRE4FI
UniCredit Research

kornelius.purps@unicreditgroup.de

Kornelius Purps Corporate & Investment Banking
UniCredit Bank AG

www.unicreditgroup.eu

 

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