Die sogenannten „neuen Medien“ stellen für viele Institute aus unterschiedlichsten Branchen noch immer eine Herausforderung dar. BANKINGNEWS sprach mit DPRG-Präsident Norbert Minwegen darüber, wie die Stadtsparkasse KölnBonn dieser Problematik entgegentrit.
Als neuer Präsident der DPRG haben Sie den Verein auf den Wandel des digitalen Mediengeschehens eingeschworen. Welche Herausforderungen sehen Sie für Ihren Arbeitgeber, die Sparkasse KölnBonn, vor demselben Hintergrund?
Wir haben schon seit vielen Jahren dasselbe Phänomen. Es kommen immer dieselben Kunden in die Filiale, es sind immer dieselben Kunden online und es gibt einige Leute die machen beides. Und genau da muss man sich als Sparkasse hin orientieren und für jede dieser Zielgruppen ein Angebot haben. Um den Multikanalansatz kommen wir nicht herum. Da kommen ganz junge Menschen in die Bank, die sind natürlich online affiner. Für diese Zielgruppe sollte eine Bank ein Produkt entwickeln. Aber es gibt immer noch den klassischen Kunden, der ein Sparbuch haben möchte. Somit bedient eine Bank unterschiedliche Zielgruppen mit demselben Produkt, nur die Transportwege und die optische Aufbereitung sind unterschiedlich.
Sind diese unterschiedlichen Zielgruppen nach Generationen getrennt?
Vor 10 Jahren hat das Management in vielen Branchen bereits festgestellt, dass die nachwachsende Generation viel konservativer ist, als man selber. Und wenn man sich heute die die Fragen anschaut, die die jungen Menschen einem Bankberater stellen, so sind die viel konservativer unterwegs, als wir es allgemein immer glauben. Die jungen Leute stellen mehr Fragen, die wollen viel eher eine persönliche Beratung haben. Die chatten erst mit ihren Freuden, dann mit ihrem Professor und wenn es um Bankgeschäfte geht, fordern sie in der Bank einen persönlichen Termin ein. Die zelebrieren das regelrecht.
Aber die Unterschrift mache ich hoffentlich demnächst auch online, was das KWG sogar schon länger zulässt, Banken dies aber geflissentlich überlesen.
Jein. Der Kunde stimmt doch im Endeffekt mit den Füßen ab. Wir bieten ihm auf jedem Kanal, den es gibt, technisch oder stationär, einen Ansprechpartner. Und im Endeffekt geben wir dem Kunden gar nicht vor, wie er mit uns kommunizieren soll. Wenn der Kunde sagt, er möchte gerne ein Onlineprodukt abschließen und braucht dafür keine Beratung, dann macht er das für sich alleine online. Sein Kundenberater bekommt eine Info und kann den Kunden darauf ansprechen, ob es in sein Gesamtportfolio des Vermögensmanagements herein passt, ob der Abschluss zum letzten Finanzkonzept passt. Und es gibt Kunden die gerne persönlich beraten werden wollen – am liebsten zu Hause. Auch diese früher belächelte Wohnzimmerberatung funktioniert.
Die Wohnzimmerberatung wird nur bei Banken belächelt, den Versicherungsvertreter hat er schon immer zu sich nach Hause gelassen, oder?
Stimmt. Hier geht es im Grunde auch nicht um eine Sparkassensicht, sondern rein um die Sicht des Kunden. Wir als Sparkasse stehen auf allen Kanälen in den Startlöchern und richten unser Kommunikationsverhalten am Kunden aus. Wir zwingen einen Kunden nicht zu einer Videoberatung, aber wir bieten es an. So kann ein Berater zum Beispiel in einer laufenden Beratung einen Experten aus einer anderen Filiale zuschalten. Für den Kunden ein ganz neues Erlebnis – effizienter als ein neuer Termin und ohne auf den Fachmann zu verzichten.
Was früher „Multikanalbanking“ hieß, heißt heute Omnikanalbanking. Bei einer unserer Firmenbanken merke ich, dass die dort noch nicht mal zwei Kanäle, nämlich Post und Filiale synchronisieren. Da weiß der Berater oftmals nicht, welche Post wir bekommen. Wie bekommen Sie das in Ihrem Hause synchronisiert?
Es muss sicherlich nicht dieser Tisch sein, aber wir testen auch diesen in Bonn. Wir nutzen auch Tablets. Wir bewegen uns langsam in diese Kanäle hinein. Auch unsere Mitarbeiter müssen wir sukzessive an diese Formen der Beratung heranführen. Bei einer großen Versicherung hat man Tablets eingeführt, um nach kurzer Zeit festzustellen, die Absatzzahlen gehen runter. Dort hat man im Vorfeld die Mitarbeiter gar nicht mitgenommen. Die Programmierer waren 25-30 Jahre alt, die Nutzer 40 aufwärts. Das ging schief. Bei der Einführung neuer Technologien steht also die Frage im Raum, wie holen wir bei der Einführung die eigenen Mitarbeiter an Bord? Für uns ist mittlerweile ein Videoanruf innerhalb des Hauses Standard und damit wurde die Videoberatung in der Kundenberatung für die Berater eine ganz normale Situation.
Sie erreichen Ihre Kunden auf verschiedenen Kanälen. Stichwort: Social Media. Sie können derzeit 24.000 „gefällt-mir“-Klicks verzeichnen. Die Deutsche Bank hat 37.000. Im Verhältnis – gemessen an der Bilanzsummer – liegen Sie dramatisch vor der Deutschen Bank.
Danke. Ob das Wort „Dramatisch“ passend ist, kann ich nicht entscheiden. Einen wahren Kern hat es allerdings: Es ist für uns sehr erfreulich. Da stimme ich Ihnen zu.
Hat die Sparkasse KölnBonn mit dem Medium Facebook auch schon negative Erfahrungen gemacht, etwa einen „Shitstorm“ erlebt?
Beim DPRG bin ich schon seit einigen Jahren Arbeitskreisleiter zum Krisen- und Issens-Management. Dort haben wir uns vor 5 Jahren mal mit dem Thema Shitstorm beschäftigt. Da kamen aus Amerika die ersten wissenschaftlichen Betrachtungen. Wenn ich mir heute Shitstorms, die es gegeben hat ansehe, ist das doch nicht der Rede wert. Nach einem Shitstorm geht die Sonne wieder auf und die Welt dreht sich weiter. Es gibt durchaus Menschen, die sich über den Social Media Kanal beschweren. Das kann eine positive Beschwerde sein, über die wir uns freuen. Wenn sich jedoch einer aufregt und ist mit seinen Konditionen nicht einverstanden und versucht, dies über den Social Media Kanal zu diskutieren, dann bitten wir ihm, möglichst zeitnah mit uns in den persönlichen Dialog zu treten. Alleine schon wegen des Bankgeheimnisses. Hier kann man von Großen – Telekom, Deutsche Bahn – lernen. Die haben schon einige tolle Beispiele gebracht, wie es gut läuft und wie es mal daneben gehen kann.
Dürfen die restlichen Kollegen auch Facebook benutzen?
Ja, klar. Wenn wir Facebook auf den Bankrechnern sperren, nutzen die Mitarbeiter die Portale auf den privaten Smartphones. Also eine unsinnige Maßnahme. Nehmen Sie ein Portal wie Xing; hier ist die Nutzung vor allem im Bereich der Firmenkundenbetreuung oder der Existenzgründung doch explizit gewünscht. Unser NUK, Neues Unternehmertum Köln, bewegt sich darin. Wir kündigen unsere Veranstaltung für Existenzgründer bei Xing an. Unsere Firmenkundenberater treffen dort auf Kunden und potentielle Kunden. Wir finden dort Experten und der Austausch ist professionell.
Auf Ihrem Xing-Profil steht, dass Sie nach PR-Evaluierung suchen. Was tun Sie im Bereich Evaluierung der Social Media Kanäle?
Wir werten sie ganz klassisch aus. Zunächst nutzen wir das klassische Monitoring. Wer spricht über uns, auf welchen Kanälen wird gesprochen, wie wird darüber gesprochen? Wenn irgendwo etwas hoch kommt, ist das in höchstens einer Stunde bei uns.
KölnBonn ist eine der größten Sparkassen. Man hört immer wieder, dass Banken gar nicht so viel Manpower in das Thema Social Media stecken können. Wie viel Personalaufwand stecken Sie tatsächlich in diesen Bereich?
Am Anfang haben wir uns auch gefragt, wie viel Manpower man da reinstecken müsse. Was sich definitiv ändert, ist, das Verhältnis zwischen einer klassisch regulierten Arbeitszeit, Arbeitsschutzverordnung, und zwischen der Motivation, etwas zu tun. Das ist eine ganz sanfte Gemengelage, die sich da aufbaut. Mich interessiert die Sparkasse. Ich arbeite gerne für die Sparkasse und daher schaue ich auch schon mal am Wochenende in unsere Social Media Kanäle rein. Da kann ja der eine oder andere Kommentar nicht bis Montag warten. Ich mache das einfach so, ohne dabei an Arbeitszeit zu denken. Das ist auch bei meinen Mitarbeitern so.
Wie steht Ihr Haus zu tradierten Kommunikationswegen und wie ist das Verhältnis? Verschiebt sich das arg oder ist das ein Prozess, der immer noch läuft?
Also es hat sich arg verschoben. Vor fünf Jahren haben wir noch gesagt: „Achtet auf die Redaktionsschlusszeiten. Print kommt nach hinten, Radio wird zuerst bedient.“ Dann kamen irgendwann das Internet und die ersten Blogger. Jetzt gibt es „Spiegel Online“. Da heißt es nun: „Spiegel Online musst du auf jeden Fall machen, die publizieren kontinuierlich.“ Und wenn Sie sich heute in Köln und Bonn umschauen, da hat der „Stadtanzeiger“ eine eigenständige Onlineredaktion. Die bauen gerade die Vernetzung zwischen Print und Online auf, d.h. das, was dort steht, geht morgen in die Tageszeitung rein. Diese klassischen Redaktionsschlusszeiten gibt es nicht mehr. Wir müssen wirklich drauf achten, wie die Strukturen bei uns im Haus laufen. Es gehört auch mit dazu, am Wochenende die Kanäle zu beobachten. Das ist das gleiche Tätigkeitsfeld mit einem anderen Sendungsbewusstsein. Wir hier in der Kommunikation sind ja vor allem auch Sender, aber wir müssen alleine pushen. Heute geben Sie Ihr Interview im Radio, das wird sofort gesendet und Schwups – die machen auch noch einen richtigen Medienbericht daraus. Und das gab es früher nicht. Deswegen muss sich das Berufsbild vom Pressesprecher zu dem des Managers ändern, der sich damit auskennt und danach springen kann. Wer bei uns eine Pressemitteilung für Print schreibt, der ist dafür verantwortlich, dass diese online auf allen Kanälen läuft. Das ist bei der Werbung genauso.
Wo sehen Sie die größte Herausforderung des digitalen Wandels für die Bankbranche?
An den Kunden zu denken. Wichtig ist dabei der Aspekt, welches Medium man nutzt. Die Sicherheitsstufen so hoch zu schrauben, dass sie wirklich unknackbar sind, aber auch so einfach zu machen, dass sie noch anwendbar sind. Dass man eher in Kundensicht denkt. Die Bankbranche muss aufpassen, dass sie sich selber nicht zu macht, wie eine Festung sagt: „Wir sind total sicher, aber der Kunde kommt nicht mehr rein“. Und dann darf man die Leute nicht vergessen, die nicht in der Innenstadt leben und gewisse technische Neuheiten aufgrund einer zu schwachen Internet-Leistung gar nicht nutzen können. Man muss da schon stärker an den Kunden denken. Geschäfte laufen immer wieder mit Menschen, unabhängig von der Branche. Und das Vertrauen des Menschen in etwas Digitales ist immer mit einem Fragezeichen versehen. Deswegen wird auch die Filiale nie aussterben. Weil selbst der absolute Technik-Freak wird irgendwann sagen, „Ja, aber wo tue ich jetzt mein Geld hin?“. Das virtuelle Geld wird er nicht wollen.