Umsetzungsgedanken zum ZKG

Ein Girokonto ist auch in der Bundesrepublik Deutschland in der heutigen Zeit für jeden Bürger ein zentrales Produkt, um am sozialen Leben teilzunehmen. Am 11. April 2016 wurde nun im Bundesgesetzblatt das Zahlungskontengesetz veröffentlicht, welches zuvor durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet wurde. Damit wird die Umsetzung der europäischen Zahlungskontenrichtlinie bis zum 18. September 2016 durch…


Bildnachweis: Kirby Hamilton via istockphoto.de

Wer kein Girokonto besitzt und nicht am Zahlungsverkehr teilnehmen kann, ist sozial und wirtschaftlich ausgegrenzt. Ein fehlendes Girokonto wird schnell zur Hürde bei der Wohnungssuche oder auf dem Arbeitsmarkt. Dies betrifft vorwiegend Bürger aus sozial schwachen Bevölkerungsschichten. Das Zahlungskontengesetz ist eine nachvollziehbare Reaktion der Politik auf diesen Zustand.

Jetzt bleibt die Umsetzung in der Kreditwirtschaft spannend. Das Zahlungskontengesetz teilt sich in drei Bereiche auf. Zum einen soll ein Kontowechsel vereinfacht und beschleunigt und zum anderen die Informationspflichten sowie die Vergleichbarkeit der Entgelte für ein Girokonto erhöht werden. Zu guter Letzt beinhaltet es die Verpflichtung zur Eröffnung eines Basiskontos für jeden. Die ersten beiden Punkte sind bereits jetzt in der Praxis Usus. Allerdings werden die Gesetzesvorgaben den Kreditinstituten einiges an organisatorischen und EDV-technischen Aufwendungen bescheren: Beim Kontenwechsel innerhalb des Landes muss das neue Kreditinstitut die ein- und ausgehenden Überweisungen und Lastschriften des alten Kontos übernehmen, bei grenzüberschreitenden Kontowechseln über alle Kontobewegungen informieren. Der wirkliche Nutzen für den Verbraucher sei hier einmal nicht näher betrachtet. Ein wirkliches Kosten-Nutzen-Verhältnis wäre hier mit Sicherheit wünschenswert gewesen.

Das Konto für jedermann ist da!

In der Praxis, insbesondere in der aktuellen Flüchtlingsthematik, hat sich gezeigt, dass die bereits seit 1995 bestehende Selbstverpflichtung eines „Girokontos für jedermann“ sich nicht bewährt hat, da fast ausschließlich die Sparkassen und Volksbanken dieser Verpflichtung nachgekommen sind. Die Privatbanken haben sich lediglich die Rosinen herausgepickt und stets salopp auf die Sparkasse verwiesen.

Bußgelder bei Nichteinhaltung der Vorgaben

Aus dieser Sicht ist es zu begrüßen, dass nun Kreditinstitute künftig niemandem mehr ein Girokonto verwehren dürfen. Hiermit haben nun auch Wohnungslose, Asylsuchende und Personen ohne Aufenthaltsstatus, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden dürfen (beispielsweise Flüchtlinge), einen Anspruch darauf. Allerdings muss der Kunde geschäftsfähig sein, also mindestens 18 Jahre alt sein. Das sogenannte Basiskonto muss die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr sowie Bar-, Ein- und Auszahlungen auf Guthabenbasis ermöglichen. Der Gesetzgeber hat für dieses Basiskonto ein angemessenes Entgelt vorgesehen (was auch immer das zu bedeuten hat) sowie sehr eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten des Kreditinstituts (wenigstens gibt es noch die Möglichkeit). Dafür droht aber ein extrem empfindliches Bußgeld bei Nichteinhaltung bzw. Weigerung – bis zu EUR 300.000 pro Sachverhalt. Es bleibt spannend, ob die Deutsche Bank hierfür auch schon eine Rücklage bildet, um lieber US-rechtlichen Vorgaben den Vorrang zu geben.

Vom Grundsatz her ist der Schritt des Gesetzgebers nachzuvollziehen, nachdem es immer noch massive Probleme für Mitmenschen gibt, ein in der heutigen Zeit zwingend notwendiges Girokonto zu erhalten. Die gleichzeitige Aufweichung der Vorgaben des Geldwäschegesetzes in Bezug auf die Legitimation bedeutet allerdings, die Dose der Pandora zu öffnen. Um dies einmal zu verdeutlichen: Es ist per Erlass zulässig, mit einem weißen Blatt Papier (ohne Sicherheitsmerkmale) lediglich mit den persönlichen Angaben und einem Foto des Flüchtlings sowie Unterschrift und Siegel der Ausländerbehörde ein Konto zu eröffnen. Die bisherigen Dokumente waren zwar bis heute schon nicht wirklich Fälschungssicher, aber diese oben genannte Variante bedarf nun ehrlich nur noch eines PCs mit Internetanschluss.

Bundesregierung unterstützt Verschleierung

Wie ernst nimmt die Bundesregierung das Thema Geldwäsche und Bekämpfung von Terrorismus? Was hat sie aus den letzten Wochen und Monaten gelernt – „Terrorist eröffnete mehrere Konten als Flüchtling in Deutschland“? Die Affäre mit den Panama-Papieren zeigte der Öffentlichkeit inklusive Regierung, wie wichtig die richtigen Namen der wirtschaftlichen Eigentümer sind. Und die Bundesrepublik Deutschland unterstützt die Namensverschleierung?! Der wirtschaftliche Schaden im Zusammenhang mit Betrugshandlungen wird ebenfalls ausgeblendet.

WIR haben ja eine funktionierende Verteidigungslinie in der Kreditwirtschaft etabliert – die wird das schon irgendwie auffangen. Vielen Dank für die Arbeitsplatzsicherung!

Patrick Haug ist Chief Compliance Officer bei der Sparkasse Hegau-Bodensee (ehem. Singen-Radolfzell) und betreibt die Homepage www.geldwaeschecompliance.de. Zuvor war er Konzernreferent für Geldwäsche-, Terrorismus- und Proliferationsprävention bei der NORD/LB.
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