Wer steht wofür? Finanzpolitik der Parteien im Vergleich

Was sagen die Experten der Parteien zu den finanzpolitischen Aspekten, die in der kommenden Legislaturperiode eine wichtige Rolle spielen und Sie als Mitarbeiter der Finanzbranche mittelbar und unmittelbar betreffen werden? Um sich einen Überblick über die Standpunkte der Parteien zu verschaffen, hat sich seit einigen Jahren der sogenannte Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung etabliert.…


Nach aktuellen Prognosen haben sechs Parteien die Möglichkeit, in den Bundestag einzuziehen. Wir haben ihnen einige Fragen zu finanzpolitischen Themen gestellt. Bildnachweis: iStock.com/lopurice

Sollen die Verhandlungen um Basel IV und globale Eigenkapitalvorschriften ausgesetzt oder fortgeführt werden?

Grundsätzlich sollten die Verhandlungen zeitnah zu einem Abschluss kommen, damit Rechts- und Planungssicherheit für alle Banken herrscht. Allerdings sollte es keinen Kompromiss um jeden Preis geben. Oberstes Ziel muss es sein, dass es keine Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten europäischer Banken gibt.

Wir wollen international die treibende Kraft bei der Kontrolle und Aufsicht der Finanzmärkte und Banken werden. Deshalb wollen wir, dass die Verhandlungen um „Basel IV“ zu einem Erfolg gebracht werden, und ein einheitliches level-playing-field schaffen – mit den USA.

Streitpunkt sind die Modelle, mit denen Banken ihre Risiken kleinrechnen – mit der Folge, dass sie zu wenig Eigenkapital einsetzen. Diese Umgehungsmöglichkeiten sind zu schließen. Wenn keine globale Umsetzung gelingt, sollten die EU-Staaten ihrerseits dieses Problem angehen. Besser wäre eine Erhöhung der ungewichteten Eigenkapitalquote.

Nach dem Bekenntnis der USA zur Finanzmarktregulierung auf dem G20-Gipfel wäre ein Abbruch der Gespräche von europäischer Seite kontraproduktiv. Ob und wann hier Durchbrüche zu erzielen sind, ist angesichts der Unsicherheitsfaktoren allerdings schwierig abzuschätzen. Doch brauchen die Finanzakteure bald Planungssicherheit.

Keinesfalls sollten die Verhandlungen ausgesetzt werden. Gegenwärtig führen die beiden strauchelnden venezianischen Banken und die Diskussion um die Schwächen des Bail-In deutlich vor Augen, wie wichtig Eigenkapital als Instrument zur Risikoabsicherung ist. Banken sollten in Zukunft deutlich mehr Eigenkapital einsetzen.

Zur konkreten Frage „Stop Basel IV-Verhandlungen“ gibt es keine Beschlusslage der AfD. Generell fordert die AfD mehr Einlagensicherheit, u.a. durch höhere EK-Quoten der Banken. Wir plädieren für eine Weiterführung der Verhandlungen – wobei aber die von uns gesehenen Risiken nicht alleine durch mehr EK zu lösen sein werden.

Stichwort „Small Banking Box“: Sollen kleinere Institute und solche mit risikoärmeren Geschäftsmodellen regulatorisch entlastet werden?

Wir sind für die Einführung einer „Small Banking Box“. Kleine und regional tätige Institute haben ein anderes Risikoprofil als internationale Großbanken. Daher ist es gerechtfertigt, diese z.B. im Meldewesen anders zu behandeln. Dies wäre auch ein Beitrag zum Abbau überflüssiger Bürokratie.

Genossenschaftsbanken und Förderbanken sind eine wichtige Säule für die Stabilität im Finanzsystem. Wir wollen bei der Regulierung danach unterscheiden, ob es sich um Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Förderbanken handelt oder um systemrelevante Großbanken.

Wir haben schon vor Jahren, als die Bankenverbände noch alle dagegen waren, für gezielte Erleichterungen, insbesondere administrativer Art, für kleine regionale Institute geworben. Denn die auf Großbanken zugeschnittene Regulierung passt für diese Institute mit risikoarmem Geschäftsmodell nicht.

Wir Freie Demokraten wollen eine differenzierte Bankenregulierung, bei der kleine und mittlere Kreditinstitute entlastet werden. Wir fordern die schnelle Einführung der von der Bundesbank vorgeschlagenen „Small Banking Box“, welche die Erleichterung spezifiziert.

Risikobehaftete Großbanken, die volkswirtschaftlich hochriskanten Spekulationsgeschäften nachgehen, müssen strenger reguliert werden. Kleine Regionalbanken, die ein konservatives Geschäftsmodell mit geringer Ausfallwahrscheinlichkeit verfolgen, dürfen durch die Maßnahmen nicht benachteiligt werden. Proportionalität ist dafür zentral.

Die AfD plädiert generell für weniger Regulierungen. So auch für kleine Banken. Einzig der freie Markt kann und sollte Risikomanagement betreiben. Dies gelingt dadurch, dass endlich wieder lnsolvenzen von Banken zugelassen werden. Dies wäre die beste „Regulierung“ gegen exorbitante Risikoübernahmen unterkapitalisierter Institute.

Befürworten Sie ein gemeinsames europäisches Einlagensicherungssystem?

Mit der Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie in deutsches Recht haben wir die Einlagensicherungssysteme gerade erst gestärkt. Die anderen Mitgliedstaaten sollten dies auch zügig tun. Dies stärkt dann schon die europäische Einlagensicherung.

Ein gemeinsames europäisches Einlagensicherungssystem kommt für uns erst in Frage, wenn die Bankenunion vollendet wurde. Dazu ist die Funktionsfähigkeit des europäischen Abwicklungsmechanismus sowie nationaler Abwicklungsregime ebenso entscheidend wie eine nachhaltige Bereinigung der Bankbilanzen um NPL. Daher kommt es derzeit nicht in Betracht.

Wir halten eine europäische Rückversicherung für die nationalen Einlagensicherungssysteme, die nur im Falle einer Überlastung dieser greift, für sinnvoll. Bewährte nationale Systeme könnten so beibehalten werden und wären gleichzeitig gegen eine systemische Krise geschützt. Die Beiträge müssen sich am Risiko der jeweiligen Banken orientieren.

Eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung im europäischen Raum lehnen wir ab. Wir wollen eine differenzierte Bankenregulierung, bei der kleine und mittlere Kreditinstitute entlastet werden. Wir setzen uns für die konsequente Anwendung der Bankenabwicklungsregelungen ein, d.h. Aktionäre und Gläubiger zuerst in Anspruch nehmen.

Es muss gelten, dass Banken mit seriösem Geschäftsmodell nicht für die Einlagen bei Zockerbanden geradestehen müssen. Wenn Sparkassen und Genossenschaftsbanken ausgenommen würden, spricht nichts dagegen, Banken mit ähnlichen Geschäftsmodellen und Risikoprofilen in eine einheitliche europäische Einlagensicherung einzubeziehen.

Nein. Wir wenden uns gegen transfersozialistische Umverteilungsvehikel von Haftung, Risiken und Geldmitteln! EFSF, ESM, OMT, Target2, EWF, PSPP/CSPP, „Sozial-“, „Banken-“ und „Fiskalunion“ und „gemeinsame EU-Regierung“ sind u.E. Verfassungsbrüche und marktwirtschaftliche Todsünden. Keine deutsche Haftung für ausländische Banken.

Finanztransaktionssteuer – ja oder nein?

Ja.

Ja.

Ja.

Nein.

Ja.

Nein.

Soll die Provisionsberatung verboten werden?

Nein. Der Kunde soll selbst entscheiden können, ob er eine Beratung gegen Honorar oder Provision in Anspruch nehmen möchte. Der Gesetzgeber hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Kunde diese Entscheidung auch treffen kann. Zuletzt haben wir die dafür erforderliche Transparenz mit dem MiFID-II-Gesetz verbessert.

Wir wollen die Provisionsberatung nicht verbieten, aber transparenter gestalten. Wir wollen die Honorarberatung als Alternative zu einer Beratung auf Provisionsbasis stärken.

Unser Ziel ist die unabhängige Beratung in Finanzfragen, die wie bei der Steuerberatung ausschließlich im Interesse des Mandanten arbeitet. Denn die Provisionsberatung setzt falsche Anreize und ist häufig nicht im Verbraucherinteresse. Auch Geringverdiener zahlen für die „Beratung“ implizit und werden oft in ungeeignete Produkte gelenkt.

Wir Freien Demokraten wollen die Provisionsberatung nicht verbieten, denn die eingeführten Kontrollmechanismen zum Schutz des Verbrauchers greifen.

DIE LINKE will den provisionsbasierten Vertrieb mittelfristig überwinden und die wirklich unabhängige Beratung weiter ausbauen. Für den Vertrieb gilt: Sämtliche Provisionen und sonstige monetäre Anreize müssen konsequent offengelegt werden.

Zur konkreten Frage „Verbot Provisionsberatung“ gibt es keine Beschlusslage der AfD. Als Partei der Marktwirtschaft will die AfD hier nicht regulieren – allerdings plädieren wir für Transparenz bestehender Provisionsvereinbarungen gegenüber den Kunden.

Werden Sie die Gründung von Start-ups fördern? Und wie sollen Fintechs reguliert werden?

Wir haben hier bereits viel getan (z.B. Steuerfreiheit des INVEST-Zuschusses) und wollen u.a. den Zugang zu Wagniskapital über eine steuerliche Förderung erleichtern: Wer sich an Start-ups beteiligt, soll das bei der Steuer berücksichtigen können. Fintechs wollen wir genauso regulieren wie klassische Banken.

Ja, Unternehmen sollen schnell und unbürokratisch gegründet werden können und alle Fragen aus einer Hand beantwortet bekommen, z.B. durch E-Government-Lösungen. Zudem verbessern wir die Rahmenbedingungen für Wagniskapital. Wir wollen kleine, junge und innovative Fintechs bei der Finanzierung unter eine vereinfachte Aufsicht stellen.

Gründer wollen wir unter anderem durch einen Forschungsbonus, ein zinsfreies grünes Gründungskapital, bundesweite One-Stop-Shops und besseren Zugang zu Eigenkapital fördern. Fintechs können u.a. neue Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen. Ab einer gewissen Größe müssen sie sich aber an die gleichen Spielregeln wie alle Banken halten.

Wir wollen die Finanzierung von Unternehmensgründungen erleichtern, das Scheitern ent-stigmatisieren, Bürokratie abbauen, z.B. durch ein bürokratiefreies Startjahr, Freibeträge bei der Gewerbesteuer verdoppeln, Mehrfachkammerzugehörigkeiten vermeiden und ein Venture-Capital-Gesetz schaffen, u.a. mit dem Abbau der Substanzbesteuerung.

Fintechs bringen als neue Finanzdienstleister Veränderungen am Markt und im Wettbewerb, aber auch in den Kundenbeziehungen. Für DIE LINKE ist wichtig, dass Fintech-Unternehmen bei der Regulierung keinen Sonderstatus bekommen, wenn sie die gleichen Finanz- und Kreditdienstleistungen wie die „traditionellen“ Anbieter erbringen.

Start-up-Fintechs werden am besten durch Absenkung der im Bankenbereich gewaltigen Markteintrittshürden gefördert. Auch hier kann und wird der freie Markt die besten Projekte durchsetzen, wenn die Insolvenz sowohl junger als auch etablierter Finanzdienstleister möglich ist. Kein staatlicher Existenzschutz für sog. „systemrelevante“ Banken.

Warum sollte ein Mitarbeiter der Bank- und Finanzbranche Ihre Partei wählen?

Wir stehen für solide Finanzen, Steuerentlastungen, Investitionen in Forschung, Bildung, Wohnraum und Infrastruktur sowie eine zielgerichtete Finanzmarktregulierung, die stets die Auswirkungen der einzelnen Maßnahme im Blick hat, und bekennen uns zu dem Grundsatz: „So wenig wie möglich, so viel wie nötig.“

Die SPD hat alle Akteure des Finanzstandorts Deutschland im Blick und die besseren Vorschläge für die Gestaltung der Zukunft. Wir sind an und auf der Seite der Beschäftigten.

Weil wir die überkomplexe Regulierung durch einfache, klare Regeln ersetzen wollen, damit sich Mitarbeiter von Banken und Sparkassen wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können und nicht in Bürokratie ersticken müssen.

Weil die Freien Demokraten etwas von Ihrer Branche verstehen: Sehen Sie es selbst im Wahlprogramm!

Für die Segmente, die wir im Bankensektor stärken wollen, wird der Arbeitsplatz sicherer – insbesondere in Sparkassen und Genossenschaftsbanken, auch weil wir uns für die Erhaltung von dezentralen Geschäftsstellen einsetzen.

Weil wir ein Problem der Branche ehrlich benennen, dessen Lösung Voraussetzung für mittelfristige Bilanzgesundung ist: Die EURopäische, intransparente Risikoverwischung muss beendet werden zugunsten von transparentem Risikomanagement und ggf. nationalen Haftungsverbünden.