Wenn mangelnde Einsicht und fehlender Wille zur Veränderung kritisiert werden sollen, wird gerne die Parabel des Frosches im Topf vorgetragen. Dieser bemerkt angeblich nicht, dass das Wasser immer wärmer wird, sucht daher keinen Ausweg aus seiner Lage und stirbt. Oliver Oster von OptioPay bemühte dieses Bild nicht als Kampfansage an die Banken, sondern um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass durch Kooperationen mit Fintechs Lösungen für sinkende Margen und hohen Kostendruck gefunden werden können. Die Zeiten, in denen die aufstrebenden Fintechs den taumelnden Riesen den Todesstoß versetzen wollten, sind ohnehin längst vorbei. Das wurde auch in den Vorträgen der anderen Start-ups deutlich, die auf dem zweitägigen Fachkongress INNOVATIONSforBANKS am 17. und 18. Mai 2017 zum Fintech Spacerace angetreten waren. Insgesamt neun junge Unternehmen folgten der Einladung des BANKINGCLUB nach Köln, um in zehnminütigen Pitches die Jury und das Publikum von ihren Geschäftsmodellen zu überzeugen. Dieser Wettbewerb fügte sich nahtlos in die Vorträge von Banken und Dienstleistern ein, welche sich mit dem Innovationsmanagement und den Digitalisierungsstrategien in der Finanzbranche auseinandersetzten.
Das Publikums-Voting
Mit Community Life und Clark sicherten sich zwei Insurtechs den zweiten Platz im Publikums-Voting. Ersteres ist mit dem Ziel angetreten, die Lebensversicherung in die digitale Welt zu überführen, da diese im Gegensatz zu anderen Produkten immer noch in traditionellen Strukturen verharrt und somit den Anforderungen der jungen Kundengenerationen nicht mehr gerecht wird. Marc-Philipp Kern von Clark konnte die Bühne mit breiter Brust betreten, da der Service des Insurtechs neben einer bereits bestehenden Kooperation mit der ING-DiBa ganz aktuell auch bei der PSD Bank Hannover live gegangen ist. Clark versteht seine App mit einer Kombination aus Robo Advisor und persönlicher Beratung über Chat und Telefon als Versicherungscockpit für den Kunden. Die digitale Anlageplattform GIROMATCH konnte die meisten Publikumsstimmen für sich gewinnen. Geschäftsführer Robin Buschmann erläuterte den Prozess, welcher in lediglich fünf Minuten Bonitätsprüfung, Kredithistorie, KYC und elektronische Unterschrift abarbeiten kann.
Die Jury-Wertung
Die Jury setzte sich bewusst heterogen aus Vertretern von Banken – Alexandra Seidel (Postbank) und Guido Klein (PSD Bank Köln), einem Fintech – Michael Nake (OKIKO) und einem Consulting-/Company-Building-Unternehmen – Oliver Keine (crossconsulting bzw. crossbuilders) zusammen. Den zweiten Platz vergaben die vier Jurymitglieder an Finprove und GIROMATCH, das sich somit in beiden Rankings wiederfindet. Arne Westphal von Finprove betonte in seiner Präsentation, dass Banken zwar eine Schatztruhe gefüllt mit einer Unmenge an Daten im Keller stehen haben, diese allerdings größtenteils ungenutzt bleiben. Der Wechselagent erkennt Sparpotenziale, etwa bei Stromrechnungen, in den Online-Banking-Daten des Kunden und verspricht den Banken dadurch Ertragssteigerungen durch die Beteiligung an Wechselprovisionen. Gerrit Sindermann von Contovista konnte die Jury mit seinem Vortrag überzeugen und somit den verdienten ersten Platz einfahren. Das Schweizer Start-up arbeitet nach der Maxime des Data Driven Banking und bietet Personal Finance Management (PFM), Business Finance Management (BFM), Data Enrichment und Analytics als White-Label-Lösung an.
Auch wenn die restlichen Start-ups des Teilnehmerfeldes – Corelike, OptioPay, growney und xWare42 – keinen der ersten Plätze ergattern konnten, war an den Fragen der Jury und des Plenums deutlich zu erkennen, wie viele gute Ideen diese jungen Unternehmen hervorbringen. Und vor allem hat sich scheinbar endgültig – sowohl vonseiten der Banken als auch der Fintechs – die Einsicht durchgesetzt, dass ein Konfrontationskurs niemandem hilft. Diejenigen Geschäftsmodelle werden erfolgreich sein, welche den gewachsenen Kundenstamm, das Vertrauen und die enorme Expertise in Finanzfragen von Banken, Sparkassen und Versicherungen mit den agilen Strukturen und Ideen der Start-ups dazu nutzen, neue Ertragsquellen zu generieren und den Kunden zeitgemäße Produkte und Services anzubieten.